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18. Februar 2007

 

 

 

 

 

 

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WasserInBürgerhand!

taz 17.2.2007

Leserbrief zur "Anreizregulierung"
Angriff auf die Stadtwerke

 

 

Die Artikel gegen Anreizregulierung sagen leider nur die halbe Wahrheit. Fakt ist, dass die Anreizregulierung, so wie sie momentan im Bundeswirtschaftsministerium diskutiert wird, gerade nichts gegen die großen Energiekonzerne ausrichtet, sondern vor allem gegen die vielen, meist in städtischer Hand befindlichen Stadtwerke gerichtet ist. Es gibt sogar Bestrebungen in der Bundesnetzagentur, dass gerade die vier großen Übertragungsnetzbetreiber von der Anreizregulierung ausgenommen werden sollen.

Halbwahr ist auch die Behauptung, dass sich viele Stadtwerke längst im Besitz der großen Energieversorgungsunternehmen befänden und daher deren Gewinninteressen vertreten würden. Zwar gab es in den letzten Jahren bei mehr als 100 Stadtwerken einen Beteiligungswechsel (meist Minderheitsbeteiligungen), der zu einem maßgeblich gestiegenen Einfluss der großen Stromkonzerne auf die örtlichen Verteilunternehmen führte, jedoch sind die große Mehrheit der ca. 800 Stadtwerke nach wie vor in kommunaler Hand. Von den insgesamt 1371 im VKU [Verband kommunaler Unternehmen] organisierten Unternehmen haben die meisten (459) zudem eine öffentliche Organisationsform (meist sind sie kommunale Eigenbetriebe), die eine Beteiligung eines privaten Unternehmens gar nicht möglich macht.

Diese unabhängigen Stadtwerke bieten derzeit in Deutschland den einzigen Gegenpol zur dominierenden Marktmacht der großen Vier. Letztere stehen als Betreiber zentraler Großtechnik (Braunkohle- und Kernkraftwerke) einer nachhaltigen Energieversorgung im Wege. Dem gegenüber können Stadtwerke die örtlichen Potenziale der dezentralen Kraft-Wärme-Kopplung und der regenerativen Energien am besten nutzen. Durch ihre wirtschaftliche Betätigung leisten Stadtwerke nennenswerte Beiträge zu Wertschöpfung, Beschäftigung und Aufrechterhaltung des ÖPNV. Die Gemeinden erhalten diverse Steuern, Konzessionsabgaben und Gewinnabführungen und können damit Kindertagesstätten einrichten, Schulen sanieren, Bäder betreiben, Kultureinrichtungen fördern usw. Kurzum: Es verhältn sich mit Stadtwerken ganz anders als mit großen Aktienunternehmen wie RWE und E.ON, die ledigleich Shareholder-Value-Interessen ihrer Aktionäre bedienen.

Für das Ziel einer nachhaltigen Energieversorgung wäre es hilfreich, eine Anreizregulierung zu schaffen, die nicht zu einer Flurbereinigung kommunaler Netzbetreiber führt. Das Bundeswirtschaftsministerium sollte sich stattdessen auf die energiepolitische Frage konzentrieren, wie die erdrückende Marktmacht der vier großen Übertragungsnetzbetreiber beseitigt werden kann.

Oliver Wagner, Wuppertal

 
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