aktualisiert:
22. März
2011

 

 

 

 

 

 

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WasserInBürgerhand!

BBU-Wasserrundbrief, 7.2.2011

 

Bundesregierung gegen
Billigwasser um jeden Preis


 

Im Sommer 2010 war die Monopolkommission mit dem verwegenen Ansinnen an die Politik herangetreten, in der Wasserversorgung eine „Anreizregulierung“ wie im Strommarkt einzuführen (s. RUNDBR. 949/2-3). In einem ersten Schritt hätten die Wasserpreise und –gebühren gedeckelt werden sollen. Anschließend hätte die Bundesnetzagentur die Wasserpreise schrittweise reduzieren sollen.

Mit diesem „Anreiz“ sollten die Wasserwerke zu Fusionen gezwungen werden, um trotz sinkender Wasserpreise noch wirtschaftlich arbeiten zu können. Ergänzend hatte die Monopolkommission vorgeschlagen, verstärkt Ausschreibungswettbewerbe für die Wasserversorgung durchzuführen. Durch eine Trennung von Netz und Betrieb sollten Ausschreibungswettbewerbe um Betriebsführungen erleichtert werden.

In einer Verbändeanhörung des Bundeswirtschaftsministeriums im Sept. 2010 hatten fast alle teilnehmenden Verbände diese akademischen Vorschläge einer neoliberalen Professorengilde als völlig praxisfremd abgelehnt. Aber nicht nur die Verbände, sondern auch das Bundesreaktorministerium (BMU) hatte in einem Schreiben vom 29.09.10 an die Kollegen im Bundeswirtschaftsministerium das Gutachten der Monopolkommission regelrecht zerpflückt.

Im Dez. 2010 hat die Bundesregierung ihre Schlussfolgerungen aus dem Gutachten der Monopolkommission aus der Verbändeanhörung und aus der Stellungnahme des BMU vorgelegt.

Zunächst schmiert die Regierung der Monopolkommission ein bisschen Honig ums Maul:

„Die Bundesregierung begrüßt, dass die Monopolkommission zum ersten Mal den Trinkwassersektor untersucht hat.“

Mit den Professoren aus der Monopolkommission ist sich die Regierung einig, dass die deutsche Trinkwasserversorgung im europäischen Vergleich eine zu kleinteilige Struktur aufweisen würde. Durch die Bildung größerer Einheiten und verstärkte Zusammenarbeit könnten „Größenvorteile realisiert und Kostendegressionspotentiale genutzt“ werden. Zwar könnten in der kleinteiligen Wasserversorgungslandschaft „Ineffizienzen bei einzelnen Wasserversorgern nicht ausgeschlossen werden“, vermutet die Regierung.

Gleichwohl gehen die Vorschläge der Monopolkommission „zum derzeitigen Zeitpunkt“ zu weit. Noch sieht die Regierung

„im Gegensatz zur Monopolkommission (…) die kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht als wirkungsvolles und geeignetes Instrument zur Prüfung der Trinkwasserpreise an“.

Dies auch deshalb, weil der Bundesgerichtshof in seiner Grundsatzentscheidung vom 2. Februar 2010 „dieses Instrument gestärkt und zu mehr Rechtssicherheit geführt“ habe (s. 950/2, 940/1-4). Dass es den hochpreisigen Wasserversorgern an den Kragen geht, unterstreicht die Bundesregierung mit dem Hinweise darauf, dass „mehrere Landeskartellbehörden und das Bundeskartellamt“ bereits dabei wären, die Wasserpreise einiger Versorger unter die Lupe zu nehmen. Angesichts der laufenden Preisprüfungen durch die Kartellbehörden geht die Regierung davon aus, dass im vorauseilenden Gehorsam

„die flächendeckend bestehende Erwartung einer kartellrechtlichen Kontrolle“ bei den verschreckten Wasserwerkern „zur unternehmensinternen Prüfung der Preis- und Kostenkalkulationen sowie zur Hebung möglicher Effizienzreserven führen“ werde.

 

Bundesregierung:
Monopolkommission vernachlässigt Umweltschutz
 

Die Bundesregierung lässt in ihrer Stellungnahme anklingen, dass die Einführung einer „Anreizregulierung“ in der Wasserversorgung einer „sorgfältigen Kosten-Nutzenabwägung“ nicht standhalten würde. Die Monopolkommission habe die mit einer „Anreizregulierung“ verbunden „Transaktions- und Bürokratiekosten“ zu wenig berücksichtigt. Zudem vertritt die Regierung etwas verklausuliert den Standpunkt, dass Billigwasser nicht der Maßstab für alles sein könne:

„Die vor allem auf ökonomische Aspekte gerichtete Untersuchung der Monopolkommission erscheint allein nicht ausreichend für eine so grundlegende politische Entscheidung. Neben ökonomischen sind hierfür auch Umwelt-, Gesundheitsschutz- und Versorgungssicherheitsaspekte zu berücksichtigen.“


Bundesregierung will keine
Rekommunalisierung von Wasser-GmbHs
 

Die Bundesregierung stimmt der Monopolkommission auch zu, dass das Nebeneinander privatrechtlicher Wasserpreise (bei GmbHs und Aktiengesellschaften) einerseits und Wassergebühren (bei Regiebetrieben und kommunalen Eigengesellschaften) andererseits bei Ottonormalverbraucher zu Rätselraten führt. Die damit verbundenen unterschiedlichen Entgeltkontrollen (kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht versus kommunale Gebührenkontrolle) seien für die Wasserkunden noch weniger begreiflich. Die Monopolkommission sah zudem in der unterschiedlichen Entgeltregelung „eine faktische Ungleichbehandlung“. Deswegen aber gleich eine „Anreizregulierung“ einführen zu wollen, geht dann aber selbst der CDU/CSU/FDP-Regierung zu weit. In der vom Bundeskabinett am 15. Dezember 2010 beschlossenen Stellungnahme warnt die Bundesregierung die GmbHs und Aktiengesellschaft aber auch vor einer »Flucht in die Rekommunalisierung«, um sich den Nachstellungen durch die Kartellbehörden zu entziehen.

„Das von einigen privaten Wasserversorgern bereits angekündigte Vorgehen, durch die Einführung von Gebühren der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht entgehen zu wollen, sieht die Bundesregierung kritisch. Die Bundesregierung wird die weiteren Entwicklungen in der Branche gerade vor diesem Hintergrund aufmerksam beobachten.“


Bundesregierung für mehr
Wasserpreistransparenz
 
„Die Bundesregierung teilt das von der Monopolkommission geforderte Ziel einer transparenten Preisgestaltung und verweist in diesem Zusammenhang auf die ergriffenen Initiativen und Ansätze der Branche.“ Damit spielt die Regierung auf die Bemühungen des Bundesverbandes der Deutschen Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) an, den Kunden die Zusammensetzung von Wasserpreisen und Wassergebühren verständlich zu erläutern. Weil BDEW und VKU bei ihren Mitgliedsunternehmen mit der Transparenzinitiative bislang aber nur auf enttäuschend geringe Resonanz stoßen, beendet die Regierung ihr Statement mit einer verdeckten Warnung, indem sie an die Wasserbranche appelliert, „die derzeitigen Entwicklungen als Chance zu begreifen und die Wasserwirtschaft weiter zu modernisieren.“

Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.

 

 
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