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2. Januar 2019

 

 

 

 

 

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WasserInBürgerhand!

BBU-Wasserrundbrief,15. Dezember 2018

Kipppunkte im Grundwasser: Wenn`s zu warm wird

 

Immer häufiger werden Gebäude mit Grundwasser im Sommer gekühlt. Dabei wird die Abwärme der Gebäude ins Grundwasser abgeführt. Wenn mehrere Gebäude „in Reihe“ in einem Grundwasserstrom liegen, kann es zu einer merklichen Erhöhung der Wassertemperatur in dieser Grundwasserzunge kommen. Das kann dann unerwartete Wirkungen haben: Denn Grundwasser ist nicht nur von Mikroorganismen bewohnt, sondern in vielen Fällen auch von Wirbellosen – beispielsweise kleinen Krebsen. Die Uni Landau hat u.a. in der Oberrheinebene die Lebensgemeinschaften im Grundwasser ausführlich untersucht. Die dort lebenden Grundwasserbewohner sind nach der letzten Eiszeit ins Grundwasser eingewandert – und sind seither kühle Grundwassertemperaturen gewohnt.

Die Kleinkrabbeltiere die im kühlen Grundwasser beheimatet sind, mögen keine Wassertemperaturen über 14 Grad. 14 Grad sind in Deutschland die Obergrenze. Oberhalb von 14 Grad „kippen“ die Lebensgemeinschaften. Abseits der klimatisch begünstigten Oberrheinebene liegt der Kipppunkt noch ein oder zwei Grade niedriger. Was die Wirbellosen auch nicht mögen, sind starke Temperaturschwankungen in ihrem Grundwasserlebensraum. Wenn sowohl mit Grundwasser gekühlt wird, als auch mit Wärmepumpen dem Grundwasser zum Heizen Wärme entzogen wird, kann die Amplitude der Temperaturschwankungen im Grundwasser beträchtlich zunehmen – und das in einem Lebensraum, der sich gerade durch äußerst konstante Temperaturverhältnisse auszeichnet. Wie sich stark schwankende Grundwassertemperaturen auf die dort hausenden Kleinkrabbeltiere auswirken, ist noch nicht einmal im Ansatz erforscht.

Wenn die Wasserassel
aus dem Wasserhahn schaut

Mit den zuvor genannten Fragestellungen wird sich auch eine wissenschaftliche Tagung vom 19. bis 21. März 2019 an der Uni Landau befassen. Unter dem Titel „Neue biologische Verfahren im Trink- und Grundwassermanagement - Rechtliche Anforderungen und praktische Anwendung" wird u.a. erläutert, wie man die Lebensgemeinschaften in den Wassereinzugsgebieten von Wasserwerken auch als Frühwarnindikatoren für drohende Rohwasserverschlechterungen heranziehen kann. Um den Anforderungen im Risikomanagement und in der Qualitätssicherung im Trink- und Grundwasserschutz – entsprechend dem DVGW-Arbeitsblatt W 271 – entsprechen zu können, wird es künftig auch auf die Kenntnisse der Grundwasserbiozönosen ankommen. Beim Abhaken des Water Safety Plans mit seinen Prüfpunkten vom Einzugsgebiet bis zur „Wasseruhr“ spielt zunehmend auch die Kontrolle der Wirbellosenfauna im Grundwasser eine Rolle – wobei einige dieser Grundwasserbewohner (insbesondere die Wasserasseln) durchaus den Weg bis zum Wasserhahn finden (s. RUNDBR. 926/3-4, 920/3-4, 820/3, 416/2). Weitere Auskunft zu dieser Tagung unter

www.trinkwasserkonferenz.de

 


Temperaturmanagement für‘s Grundwasser

 

Mit den grundwasserbewohnenden Lebensgemeinschaften hat sich der Bundesarbeitskreis Wasser im BUND auf seiner Sitzung am 15. Dez. 2018 in Fulda befasst. Die WasserexepertInnen des BUND wollen erreichen, dass für sensible Grundwasserleiter ein Temperaturmanagement eingeführt wird. Bei der Genehmigung von Gebäudekühlungen mit Grundwasser soll künftig nicht nur gecheckt werden, ob hierfür genügend Grundwasser zur Verfügung steht. Es soll auch geprüft werden, ob die Temperaturlimits für die wärmeempfindlichen Lebensgemeinschaften nicht überschritten werden. Denn die Kleinkrabbeltiere und die mikrobiellen Lebensgemeinschaften sind wichtig für die Selbstreinigungskraft im Grundwasser. Organische Stoffe, die ins Grundwasser von oben eingetragen werden, werden von Wirbellosen und Bakterien weggefuttert (verstoffwechselt).

Rechtliche Regelungen zum Schutz der Grundwasserbiozönosen gibt es bis jetzt nicht. Die Wasserfachleute des BUND wollen sich dafür stark machen, dass zunächst geprüft wird, ob im Wasserhaushaltsgesetz oder in der Grundwasserschutzrichtlinie Schutzvorschriften für die Grundwasserbiozönosen eingeführt werden können. Ein entsprechendes Temperaturmanagement zum Schutz der Wirbellosen ist vor allem in den sauerstoffführenden Grundwasserleitern notwendig. In den reduzierten Grundwasserleitern der norddeutschen Tiefebene gibt es nicht genügend Sauerstoff für die Wirbellosen. Dort bestehen die Lebensgemeinschaften überwiegend nur aus Bakterien, die auch mit anaeroben Bedingungen zu Streich kommen. Allerdings ist nicht völlig ausgeschlossen, dass auch bakterielle Lebensgemeinschaften auf Temperaturerhöhungen reagieren. So wird spekuliert, dass neben einer steigenden Vermehrungsrate auch zunehmende Schleimausscheidungen eine Folge von deutlichen Temperaturerhöhungen im Grundwasser sein könnten. Dann bestünde die Gefahr, dass Grundwasserleiter zuschleimen, so dass die Fließgeschwindigkeiten im Grundwasser abnehmen könnten.

Weitere Auskunft zu den Forschungen der Uni Landau über die Temperaturempfindlichkeit der grundwasserbewohnenden Lebensgemeinschaften:

Herrn PD Dr. Hans Jürgen Hahn
Institut für Grundwasserökologie IGÖ GmbH
An der Universität Landau
hjhahn@groundwaterecology.de
www.groundwaterecology.de
Tel.: ++49 (0) 6341-280-31590
Mobil: ++49 (0) 152-3385 7635

 


Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.
Clip-Fisch 2

 
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