Berlin,
          5.3.2008 - Im Auftrag der Exportkreditversicherungen Deutschlands, Österreichs
          und der Schweiz untersuchten Experten für die Bereiche Kulturgüterschutz,
          Umsiedlung und Umwelt die Auflagen, mit denen die Exportkreditversicherungen
          das hoch umstrittene Ilisu-Staudammprojekt im Südosten der Türkei
          mit internationalen Standards in Einklang zu bringen versuchen. Die
          Experten bestätigen den katastrophalen Zustand, in dem sich das
          Ilisu-Projekt befindet. „[Der Bericht] zeigt auf, dass nur wenige
          der vereinbarten und z. T. dringend durchzuführenden Maßnahmen
          erfüllt bzw. dass die mit den Maßnahmen angestrebten Ziele
          bisher noch nicht erreicht wurden“, heißt es z. B. in einer
          Stellungnahme der Bundesregierung zum Expertenbericht über Umsiedlungsaspekte.
       Nichtregierungsorganisationen
          hatten im Herbst 2007 bekannt gemacht, dass mit ersten Enteignungen
          begonnen worden war und die Auflagen dabei
          komplett ignoriert wurden. Nun sollen die Entschädigungen angehoben
          und künftig die Bevölkerung an der Entwicklung von Maßnahmen
          zur Wiederherstellung bzw. Verbesserung der Lebensgrundlagen beteiligt
          werden. Die Frage, wie realistisch es ist, für die 55.000 Menschen,
          die einen Teil oder ihre gesamte Lebensgrundlage verlieren sollen, neue
          Einkommensmöglichkeiten in der Region zu schaffen, wird ausgeklammert.
          Erst gestern hatten ca. 1.500 Betroffene in einem Schreiben an Bundeskanzlerin
          Merkel angekündigt, in Deutschland Asyl zu beantragen, sollte der
          Staudamm tatsächlich gebaut werden.
       In
          den Bereichen Kultur und Umwelt zeigt der Expertenbericht noch einmal
            deutlich, dass grundlegende Studien und Erkenntnisse fehlen. So gibt
            es weder einen Projektplan zu den Ausgrabungs- und Erhaltungsmaßnahmen
            für die Kulturgüter, noch Umweltmanagementpläne für
            einzelne Bauphasen und –aktivitäten.
       Obwohl
          die Auflagen bereits im Oktober 2006 ausgehandelt und die Bau- und
          Kreditverträge im August 2007 unterzeichnet wurden, fehlte es
              der türkischen Regierung bisher offensichtlich an der Bereitschaft,
              die Auflagen ernst zu nehmen. Vorbereitende Baumaßnahmen sind dagegen
              bereits im Gange, von der Errichtung von Stützpunkten der Sicherheitskräfte
              zur Absicherung der Baustelle bis zu Vermessungsarbeiten an geplanten
              Umsiedlungsorten.
      „Das
          bisherige Vorgehen der türkischen Regierung bestätigt das
                alte Schema beim Bau von Staudämmen: Während die Kraftwerksbauten
                vorangetrieben werden, bleiben soziale Maßnahmen leere Versprechen“,
                kommentiert Heike Drillisch von der Umwelt- und Entwicklungsorganisation
                WEED den Expertenbericht. „Auch wenn die Bundesregierung betont,
                dass mit den jetzt von den Experten vorgeschlagenen Maßnahmen die
                Probleme gelöst würden, kann dies nicht darüber hinwegtäuschen,
                dass das Projekt nicht internationalen Standards entspricht.“ Ohne
                das Vorliegen der jetzt auch von den Experten angemahnten Studien hätte
                die Bundesregierung über eine Bürgschaftszusage nicht einmal
                beschließen dürfen, da die Auswirkungen des Projekts überhaupt
                nicht einschätzbar sind.
       WEED
          wird gemeinsam mit seinen Partnerorganisationen eine ausführliche
                  Analyse der Empfehlungen der Experten vornehmen und die weitere Entwicklung
                  vor Ort genau beobachten. Der Expertenbericht ist auf der website des
                  Ilisu-Konsortiums veröffentlicht unter www.ilisu-wasserkraftwerk.com.
                  
      Stellungnahme
          der Bundesregierung