aktualisiert: 
	       13. Dezember 2008 
	      
	    
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         WasserInBürgerhand! 
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      BBU-Wasserrundbrief,
            23.12.2008 
      Kartellbehörde
              darf 
        hohe Wasserpreise köpfen 
      
        
          
            
              
                Wasserversorger
                                              mit überproportional hohen
                                              Wasserpreisen werden künftig
                                              an die Wand gestellt. Hohe Wasserpreise,
                                              die sich nicht mit einer »schicksalhaften« Struktur
                                              des Versorgungsgebietes begründen
                                              lassen, werden exekutiert. Das
                                              ergibt sich aus einem bemerkenswerten
                                              Urteil des Frankfurter
                                              Oberlandesgericht gegen das Wasserversorgungsunternehmen
                                              in Wetzlar. In diesem RUNDBR. werden
                                              einige Höhepunkte aus dem
                                              aktuellen Urteil vorgestellt. RUNDBR.-AbonnentInnen,
                                              die das Urteil selbst
                                              studieren wollen, können es
                                              via nik@akwasser.de kostenlos bei
                                              uns anfordern. 
                           
               
             
           
         
       
     
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      Als
          Rächer der von habgierigen Wasserunterneh-men über den Löffel
          halbierten Wasserkonsumenten präsentiert sich seit Jahren der
          CDU-Wirtschaftsminister von Hessen. Zuletzt hatte ALOIS RHIEL über
          seine Landeskartellbehörde  
• die ENWAG in Wetzlar,  
• die MAINOVA in Frankfurt sowie  
• 
        die Städtischen Werke in Kassel  
        angewiesen, ihre vermeintlich völlig überrissenen Wasserpreise
        zu senken. Alle drei Unternehmen hatten gegen die RHIELsche Preissenkungsanweisung
        Klage erhoben. Ein erstes Urteil wurde am 18. Nov. 2008 veröffentlicht
        (AZ: 11 W 23/07): Vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt ist die ENWAG
        mit Pauken und Trompeten untergegangen. Sollte das Urteil Bestand haben,
        müssen sich privatrechtlich organisierte Wasserunternehmen künftig
        warm anziehen: Hochpreisige Wasserversorger, die als GmbH oder als AG
        organisiert sind, müssen nach Meinung der Frankfurter OLG-Richter
        im Detail die Höhe ihrer Wasserpreise begründen können.
        Ansonsten reicht es aus, wenn die Landeskartellbehörde mit einem „groben
        Raster“ einen Preisvergleich durchführt und die über
        dem Durchschnitt liegenden Wasserpreise einfach köpft.  
      Regie-
          und Eigenbetriebe sind nur vordergründig fein raus. Diese         Betriebe
          erheben keine Wasserpreise, sondern Wassergebühren. In
        Hessen sind dies immerhin 256 Versorger, bei denen die Gebühren
        von den Kommunalparlamenten beschlossen werden. Die Höhe der von
        Regie- und Eigenbetrieben erhobenen Wassergebühren entzieht sich
        der Aufsicht der Landeskartellbehörden. Für die Überwachung
        der Wassergebühren ist die Kommunalaufsicht zuständig. Aber
        RHIEL ist schon dabei, seinen Kollegen Innenminister anzustacheln, dass
        dieser die Kommunalaufsicht gegen auffällig hohe Wassergebühren
        in Marsch setzt. Und das hessische Beispiel macht Schule: Mehrere Bundesländer
        haben das Frankfurter OLG-Urteil mit Interesse gelesen und wollen jetzt
        ebenfalls eine Preissenkungsoffensive gegen Wasserversorger starten.
        Nach Ansicht des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) lässt das
        Urteil „viele Fragen offen“: 
      
        „Insbesondere
              gelte es zu klären, ob die gesamte Beweislast tatsächlich
              auf das betroffene Unternehmen abgewälzt werden darf, oder ob
              nicht auch die Kartellbehörde bereits in der Pflicht stehe, sehr
              sorgfältig
              die Vergleichsunternehmen auszuwählen.“ 
       
       Genau
          dies hat das OLG aber verneint! Da RHIEL somit einen Volltreffer
          gelandet hat, appellierte er an die noch prozessierenden Wasserversorger
            in Frankfurt und Kassel, ihre Klagen gegen die Landeskartellbehörde
            fallen zu lassen. Sinngemäß fo-derte RHIEL die MAINOVA
            und die Städtischen Werke in Kassel zu Kapitulationsverhandlungen über
            ihre Preisgestaltung auf. Noch keine Preisverfügung gibt es
            gegen die ebenfalls von RHIEL ins Visier ge-nommenen Stadtwerke in
            Gießen,
            Oberursel, Eschwege und Herborn. 
       
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    „Gleichartigkeit“ –  
      oder Äpfel mit Birnen verglichen? 
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            Vorausgegangen
          war dem zuvor genannten Urteilsspruch ein Preisvergleich der Landeskartellbehörde
          zwischen 18 hessischen Wasserversorgern mit ähnlicher Kostenstruktur.
          In ihrem Wasserkostenvergleich hatte die Landeskartellbehörde 
      
        -  
                  die Versorgungsdichte (Menge des gelieferten Wassers pro Meter
                      des Leitungsnetzes),
 
        -  
                    die Abnehmerdichte (Länge des Leitungsnetzes in Metern pro
                    Hausanschluss),
 
        - die
                nutzbare Wasserabgabe,
 
        - die
                Abgabestruktur,
 
        - die
                Gesamterträge Wasser und
 
        - die
                Zahl der versorgten Einwohner 
            
 
       
       berücksichtigt,
          um nicht Äpfel mit Birnen zu vergleichen.
                                Ferner wurde die Konzessionsabgabe der ENWAG
          an die Stadt Wetzlar berücksichtigt.
                                Basierend auf diesem Wasserpreisvergleich hatte
          die Behörde die
                                ENWAG angewiesen, ihre überproportio-al
                                hohen Wasserpreise um 29,4 Prozent zu senken.
                                Gegen diese Verfügung hatte die ENWAG Widerspruch
                                eingelegt und auf ihren überdurchschnittlichen
                                Kostenaufwand wegen der Höhenunterschiede
                                und der zahlreichen Druckzonen in Wetzlar verwiesen.
                                Die von der Kartellbehörde herangezogenen
                                Vergleichsunternehmen würden erheblich günstigere
                                topographische und topologische Voraussetzungen
                                aufweisen als das stark zergliederte Versorgungsgebiet
                                der ENWAG. Insofern läge die von der Kartellbehörde
                                postulierte „Gleichartigkeit“ zwischen
                                den Vergleichsunternehmen gar nicht vor. 
     
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    Der
            Wasserversorger 
      ist beweispflichtig!        | 
     
  
      
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        Den entschuldigenden Hinweis auf die besonders schwierigen topographischen
  Verhältnisse in Wetzlar konnte wiederum die Kartellbehörde nicht
  nachvollziehen, da es die ENWAG als Beschwerdeführerin versäumt
  habe, zu erläutern,  
      
        „wie ungünstige objektive Umstände
        Mehrkosten im Einzelnen verursachen und die Abgabepreise beeinflussen“.
         
       
      Und
          weiter: Ein Ausgleich von behaupteten Mehrkosten bei der Wasserverteilung
      und -speicherung aufgrund struktureller Unterschiede zu den Vergleichsunternehmen
      durch Zu- und Abschläge sei  
      
        „nur
            dann möglich, wenn die
            Beschwerdeführerin
            die von der Landeskartellbehörde vorgegebenen Anforderungen
            an den Kostennachweis erfülle. Dies habe die Beschwerdeführerin
            versäumt“.
           
       
      Den
          [peinlichen] Einwand der ENWAG, sie könne mangels exakter Kostenstellenzuordnung
          ihre Kosten nicht in der verlangten Form aufschlüsseln, hatte
          die Landeskartellbehörde
          zurückgewiesen. Zu dieser Auseinandersetzung stellten die OLG-Richter – für
          den Wasserversorger fatalerweise – zunächst fest, dass
          weder das Gesetz gegen Wettbeschränkungen (GWB) noch die höchstrichterliche
          Rechtsprechung hohe Anforderungen an die Gleichwertigkeit formulieren
          würden.
          Eine „generalisierende Betrachtungsweise“ und  
      
        „eine
                grobe Sichtung unter den als Vergleichsunternehmen in Betracht kommenden
                Versorgungsunternehmen“  
       
      seien
              bereits ausreichend. Die Richter vertraten sogar die Meinung, dass
              sich die hessische Landeskartellbehörde die Arbeit wegen der
              Berücksichtigung
              zahlreicher Sonderfaktoren schon viel zu schwer gemacht habe. Denn
              die Beweislast liege nicht bei der Kartellbehörde, sondern beim
              Versorgungsunternehmen. Dieses müsse belegen,  
      
        “dass
            der Preisunterschied auf abweichenden, ihm nicht zurechenbaren Umständen“ beruhe.
                    Nach § 103 Abs.
                    5 S.2 Nr.2 GWB a.F. müsse „ein Unternehmen die
                    Mehrkosten, die ihm infolge der Beschaffenheit des Versorgungsgebietes
                    entstehen,
                    nachweisen
                    und darlegen, wie diese in die Abgabepreise eingegangen sind“,
                    so das OLG Frankfurt.  
       
     
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    Sind
            Steuern vermeidbare Kosten?        | 
     
  
      
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        Wie radikal das Frankfurter OLG-Urteil gegen die Wasserversorger gerichtet
      ist, wird auch daran deutlich, dass die Richter sinngemäß meinten:  
      
        »Wer
            als Wasserversorger Steuern zahlt, ist selber schuld!«  
       
      Die
          ENWAG hatte nämlich geltend gemacht, dass sie körperschaftsteuerpflichtig
          sei und kraft Rechtsform der Gewerbesteuer unterliege. Deshalb laste
          auf dem Unternehmen eine höhere steuerliche Belastung als auf
          den von der Kartellbehörde herangezogenen Vergleichsunternehmen.
          Die zusätzlichen
          Steuern würden in Wetzlar zu Mehrkosten von jährlich rund
          660.000 Euro bzw. von 0,25 Cent pro Kubikmeter Trinkwasser führen.
          Nach Ansicht der Richter könne die ENWAG ihre höheren Preise
          mit Verweis auf ihre hohe Steuerbelastung „jedoch schon grundsätzlich
          nicht rechtfertigen“. Denn: 
      
        „Es
              handelt sich hierbei um Kostenelemente, welche die Beschwerdeführerin
            individuell betreffen, und nicht um unvermeidbare Kosten, die etwa auf
              einer 'schicksalhaften’ Struktur
            des Versorgungsgebietes beruhen und die jedes andere Versorgungsunternehmen
            auch vorfände.“ 
       
       Der
          Wetzlarer Wasserversorger hätte sich eben frühzeitig bemühen
          müssen, seine Kapitalkosten zu reduzieren. Die Frankfurter OLG-Richter
          ließen auch die Entschuldigung nicht gelten, dass die ENWAG besonders
          niedrige Baukostenzuschüsse für den Anschluss an das Wasserversorgungsnetz
          verlange. Denn: 
      
        „Es
              ist kein Grund erkennbar, der sie hinderte, ebenfalls höhere Baukostenzuschüsse
                zu verlangen. Dadurch, dass die Beschwerdeführerin geringere
                Baukostenzuschüsse
                verlangt, werden die Baukosten auf alle versorgten Haushalte umgelegt
                und nicht nur auf diejenigen, die neu an das Versorgungsnetz angeschlossen
                werden.“ 
       
       Insgesamt
          schlossen sich die Richter der Auffassung der Kartellbehörde
              an, dass „Zweifel an der rationellen Betriebsführung
              der Beschwerdeführerin“ angebracht
              seien. 
     
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    Wetzlarer
            Wasserpreisstreit  
      geht vor den Bundesgerichtshof 
     
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        WOLFGANG
            SCHUCH, Geschäftsführer der ENWAG will
            das Frankfurter OLG-Urteil nicht kampflos hinnehmen. „Wir werden
            postwendend Revision beim Bundesgerichtshof einlegen“, kündigte
            er gegenüber der FR vom 19.11.08 an. Würde man das OLG-Urteil
            akzeptieren, könne man in Wetzlar keine kostendeckenden Wasserpreise
            mehr erwirtschaften. Es sei dann in der Wasserversorgungssparte eine
            Defizit von zwei Millionen Euro im Jahr zu erwarten.  
        Wie die FR ferner
              berichtete, überlege man bei der ENWAG, die Sparte Wasser
              an die Kommune zurückzugeben. Würde die Wasserversorgung
              wieder in kommunaler Regie betrieben, würden sich dann die
              von der Kommune erhobenen Wassergebühren einer Preisaufsicht
              durch das Kartellamt entziehen. SCHUCH wies lt. FR darauf hin,
              dass die Kommunen verpflichtet
              seien, kostendeckende Preise zu erheben. Dann müssten die
              Wasserkonsumenten in Wetzlar eher mehr als jetzt unter den ENWAG-Bedingungen
              zahlen,
              so die Prognose des ENWAG-Chefs. 
          
       
     
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       Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet
            regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge.
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