aktualisiert: 
	       29. Januar 2009 
	      
	    
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         WasserInBürgerhand! 
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      BBU-Wasserrundbrief,
            16.12.2008 
        
      2008
                war das  
                Internationale Jahr für sanitäre
                Grundversorgung 
       
       
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      Keine Toiletten 
          für 200 Millionen Tonnen Kacke! 
       
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            "Mehr
              als 200 Millionen Tonnen menschlicher Ausscheidungen gehen jährlich
              unbehandelt in die Umwelt und verschmutzen die Wasserressourcen und
              die Wohnumgebung der Menschen", 
           
           schrieben
          die Bundestags-GRÜNEN in ihre Großen Anfrage zum „Internationalen
          Jahr für sanitäre Grundversorgung 2008 der Vereinten Nationen – Chancen
          und Potentiale der Sanitärversorgung“. Mit über 70
          Detailfragen begehrten DIE GRÜNEN Auskunft von der Bundesregierung,
          was Deutschland unternommen habe und zu unternehmen gedenke, um den
          Bau von Toilettenanlagen
          sowie die Hygieneerziehung in der Dritten Welt voranzubringen. Die
          Antwort der Bundesregierung liefert einen sehr guten Überblick über
          die desolate Lage von 2,6 Mrd. Menschen, die hinter den Bahndamm gehen
          müssen, um ihre Notdurft zu verrichten. Wer die Antwort der Bundesregierung
          auf die GRÜNE Anfrage lesen will, muss jedoch viel Zeit mitbringen:
          Die Bundestags-Drucksache 16/10922 vom 13. 11. 2008 umfasst nämlich
          mehr als 80 Seiten (herunter-ladbar von www.bundestag.de). 
                          AbonnentInnen
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                  | 
   
  
    Wie
            Deutschland  
      gegen den Toilettenmangel kämpft 
     
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            In
          ihrer zuvor genannten Antwort auf die Große Anfrage der GRÜNEN
          Bundestagsfraktion stellt die Bundesregierung zunächst fest, dass
          Deutschland mit durchschnittlich 350 Millionen Euro pro Jahr einer
          der drei größten bilateralen Geber im Wassersektor weltweit
          und der größte bilaterale Geber in Afrika sei. Ca. 40 Prozent
          dieses Betrags würden für Maßnahmen im Bereich Sanitärversorgung
          und Abwassermanagement eingesetzt. Die laufenden Maßnahmen zur
          Sanitärversorgung, die die "Gesellschaft für technische
          Zusammenarbeit" (GTZ) im Auftrag des Bundesentwicklungsministeriums
          durchführt, hätten ein Volumen von knapp 60 Millionen Euro.
          Im Regelfall würden Trinkwasserprojekte immer auch eine Abwasserkomponente
          enthalten. Die
          deutsche entwicklungspolitische Zusammenarbeit erreiche mit den derzeit
          laufenden Projekten in den Bereichen Sanitärversorgung
            und Abwassermanagement ca. 35 Millionen Menschen. Ferner hebt die
            Bundesregierung hervor, dass Entwicklungspolitik immer Hilfe zur
          Selbsthilfe leisten müsse,  
      
        "wenn
              Verbesserungen wie der Zugang zu Trinkwasser und Sanitärversorgung
              dauerhaft und für alle
                Menschen sichergestellt werden sollen". 
        Aus
          Sicht der Bundesregierung sei deshalb „die Stärkung der
          nationalen Handlungskapazitäten durch Strukturreformen mittel-
          und langfristig der einzige Weg, diese Ziele nachhaltig zu erreichen". 
          Daher setze "die Bundesregierung auf ein Gesamtkonzept, das Kapazitätsentwicklung,
          Sektorreformen, Verbesserung der politischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen
          sowie Investitionen" beinhalte.  
       
       
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    Was
            sind Toiletten wert?        | 
     
  
      
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  In der Bundestagsdrucksache zitiert die Regierung Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation
  (WHO), wonach sich die jährlichen Kosten für die Erreichung der Sanitär-
  und Wassermillenniumsziele (weltweit Halbierung der Anzahl der Menschen ohne
  Zugang zu verbesserter Trinkwasser- und Sanitärversorgung bis 2015) auf
  circa 11,3 Milliarden US-Dollar belaufen. Insgesamt schätze die WHO das
  Kosten-Nutzen-Verhältnis für Wasser- und Sanitärmaßnahmen
  auf zwischen 5 bis 11 US-Dollar pro investiertem US-Dollar. Zum Kosten-Nutzen-Verhältnis
  beim Toilettenbau hatten DIE GRÜNEN bereits in ihrer Anfrage festgestellt: 
      
         "Die
              Arbeitsausfälle und Gesundheitsausgaben, die südlich der
              Sahara wegen unhygienischer Wohn- und Lebensbedingungen infolge unzureichender
              Wasser-
        und Sanitärversorgung auftreten, kosten Afrika laut UNDP [UN-Entwicklungsprogramm]
        jährlich fünf Prozent der Wirtschaftskraft und damit mehr Geld
        als der Kontinent im Jahr 2003 an Entwicklungshilfe und Schuldenerlassen
        erhielt.
        Investitionen in die Sanitärversorgung sind überaus lohnend: Jeder
        in den Sektor investierte Euro erbringt laut Human Development Report 2006
        einen durchschnittlichen volkswirtschaftlichen Gewinn von 9 Euro." 
         
         
     
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    Kostendeckende
            Preise  
      und das Menschenrecht auf Wasser?        | 
     
  
      
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        Den katastrophalen Mangel an Sanitäreinrichtungen in der Dritten Welt
  führt die Bundesregierung u.a. darauf zurück, dass dort "die
  Abwasser- und Müllgebühren zumeist nicht effizient eingezogen" würden, "so
  dass diese Dienstleistungen nicht wirtschaftlich erbracht werden". Politischer
  Einfluss führe "oft dazu, dass die Gebühren vorgeblich als
  Entgegenkommen der Politiker gegenüber der Bevölkerung
  viel zu niedrig festgesetzt werden".  
      In
          welchem Spannungsverhältnis
    die Forderung nach kostendeckenden Preisen zum Menschenrecht auf
    Wasser steht, wird von der Bundesregierung in der voluminösen Bundestagsdebatte
    nicht erörtert. Bei der Forderung nach einem Menschenrecht auf Wasser
    (s. RUNDBR. 858/2-3, 839/3, 834/2)
    sieht die Bundesregierung ohnehin noch einigen "inhaltlichen" Klärungsbedarf.
    Zwar setze sich die Bundesregierung "für
    eine universelle Anerkennung des Rechts auf diskriminierungsfreien Zugang
    zu Trinkwasser und Sanitärversorgung ein". Die Regierung sei zudem "der
    Auffassung, dass dieses Recht auch den Zugang zu einer Grundsanitärversorgung" umfasse: 
      
        "Dieses
              Recht leitet sich ab aus dem Recht auf Leben, dem Recht auf Gesundheit,
          dem Recht auf Nahrung und dem Recht auf einen angemessenen Lebensstandard.
          Diese Auffassung teilt auch die vom VN-Menschenrechtsrat auf Initiative
              Deutschlands und Spaniens in Auftrag gegebene Studie des Büros
              der Hochkommissarin für Menschenrechte." 
       
                  Diese
          Studie, die im September 2007 vorgelegt wurde, stelle allerdings auch
          fest, 
      
        "dass
              einige Aspekte des Rechts auf diskriminierungsfreien Zugang zu Trinkwasser
              und Sanitärversorgung noch der weiteren inhaltlichen Klärung
              bedürfen.
              Dies gelte insbesondere für den Aspekt Sanitärversorgung
              als Teil dieses Menschenrechtes. U. a. auch aus diesem Grund ist ein
              wichtiger Teil
              des neu geschaffenen Mandates eines Unabhängigen Experten zum
              Recht auf Zugang zu Trinkwasser und Sanitärversorgung des VN-Menschenrechtsrates
              die weitere inhaltliche Klärung dieses Rechtes." 
       
       
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    Im
            Süden gibt’s für  
      Abwasserkonzerne nix zu holen 
     
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        In
            ihrer Anfrage hatten sich DIE GRÜNEN auch danach erkundigt,
            wie sich die Bundesregierung zur Einschaltung von privatem Kapital
            bei
            der Abwasserreinigung positioniert. Antwort:
            Die Privatisierung von Abwasserdienstleistungen ("Privatsektorbeteiligung")
              in den Dritten Welt  
         
      
        "wird von
                der Bundesregierung als eine Option gesehen, die Servicequalität
                und Effizienz von Organisationen im Wassersektor zu verbessern und
                ihre Kosten zu senken. Die Mobilisierung
                    privaten Kapitals, sowie privaten technischen und betriebswirtschaftlichen
                    Knowhows kann wichtige Beiträge zum Erreichen von Entwicklungszielen
                    im Wassersektor leisten",  
       
      
                  heißt
                      es zur Involvierung von privatem Kapital beim Bau von Sanitär-
                      und Abwassersystemen. Inwieweit der "Privatsektor" aber
                      tatsächlich
                      in den armen Ländern
                      auf dem Globus zur Schließung der Finanzierungslücke
                      beitragen kann, wird von der Bundesregierung "zurückhaltend
                      bewertet" -
                      denn: 
                   
      
        "In
                          aller Regel sind die Gewinnchancen im Wassersektor zu
                          gering bzw. die Risiken zu hoch, um signifikante Mengen
                          von privatem Kapital zu mobilisieren.
                          Dies gilt insbesondere für die Länder, in denen
                          der entwicklungspolitische Handlungsbedarf und die Finanzierungslücken
                          am größten
                          sind." 
                      Demgegenüber
                          sieht die Bundesregierung ein "großes Potential
                            in der stärkeren Einbindung des regionalen und
                            lokalen Privatsektors und fördert diese aktiv".  
       
       
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    SuSanA:
            Von der "Entsorgung"  
      zur Wiederverwertung 
     | 
     
  
    |   | 
    
      
        "Für
                Afrika gerechnet ist die Nährstoffmenge in menschlichem Urin
                und Fäkalien größer als die gegenwärtig verkaufte
                Handelsdüngermenge", 
       
      
                            stellt
              die Bundesregierung in ihrer Antwort fest. Im Hinblick auf die
              Nährstoffgehalte im Abwasser nimmt die Bundesregierung für
                sich in Anspruch, dass es in der Entwicklungszusammenarbeit nicht
              mehr länger allein um die "Entsorgung" von
              Fäkalien,
                  Urin und Abwässern gehe, sondern zunehmend auch um "die
                  Energiegewinnung (Biogas aus der Schlammfaulung) und die Wiederverwendung
                  von gereinigtem
                  Abwasser und von Klärschlamm in der Landwirtschaft" (s.
                  RUNDBR. 903/1-3). Die Bundesregierung unterstütze
                  damit international den "Paradigmenwechsel
                  von Entsorgungs- hin zu kreislauforientierten Sanitärsystemen".
                  Zu ihren diesbezüglichen Aktivitäten schreibt die
                  Regierung: 
           
      
        "In allen
                  Vorhaben wird auf die umweltgerechte Behandlung und Entsorgung
                  von Klär- und Fäka-schlamm geachtet. Die Bundesregierung
                  hat bereits im Jahr 2001 zu diesem Thema auch das Sektorvorhaben
                  der Deutschen
                        Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) „Ökonomisch
                        und ökologisch nachhaltige Sanitärsysteme – ecosan“ eingerichtet.“ 
       
      
                         Als
                            Beitrag zum Internationalen Jahr der Sanitärversorgung
                            habe die Bundesregierung ferner die Gründung
                            des Netzwerkes „Sustainable
                          Sanitation Alliance“ (SuSanA) unterstützt,
                          in dem mehr als 100 internationale Organisationen,
                          Nichtregierungsorganisationen, Universitäten
                          und Firmen vertreten sind. Das Netzwerk setze sich
                          weltweit für
                          das Thema nachhaltige Sanitärversorgung ein. Dabei
                          sei es ein Ziel, die aus Abwasser zurück gewonnenen
                          Nährstoffe und aufbereitete
                          Fäkalien in der Landwirtschaft als Dünger
                          einzusetzen, um  
                         
      
        "die
                                Produktion und damit das Einkommen und die Ernährungssicherheit" zu
                                erhöhen.  
       
       
     | 
   
  
    Was
            gibt’s für Pipi zu kaufen? 
     | 
     
  
    |   | 
    
      
        Am
            Beispiel des westafrikanischen Halbwüstenstaates Mali illustriert
            die Bundesregierung den monetären Wert von Fäkalien und
            Urin: 
         
      
        "… 
                Basierend auf dem Nährstoffgehalt wäre der monetäre
                Wert von Urin daher 7,60 Euro in Mali pro Person und Jahr. Hinzu
                kommt das
                Potential des organischen Materials aus Komposttoiletten. Bei 13
                Millionen Einwohnern in Mali fallen jährlich Düngestoffe
                im Wert von ungefähr 100 Millionen Euro – bezogen auf
                o.g. Preise – an,
                welche genutzt werden können, aber gegenwärtig nur teilweise
                genutzt werden. Hiermit ist allerdings nur ein Teil der volkswirtschaftlichen
                Bedeutung angesprochen. Gelingt es, die Fäkalien über
                den Einsatz von Ecological Sanitation (ecosan)-Konzepten hygienisch
                sicher
                einzusetzen, dann werden gleichzeitig Krankheitskosten vermieden
                und Arbeitstage gewonnen, die von erheblicher monetärer und
                volkswirtschaftlicher Bedeutung sind.“
           
       
      
     
     | 
   
  
    Bundesregierung
            punktuell 
      für weitergehende Abwassereinigung 
     
     | 
     
  
    |   | 
    
      In
          ihrer Antwort beleuchtet die Bundesregierung auch den Sachverhalt,
          dass sich auch aus unseren hiesigen Kläranlagen Myriaden von Keimen
          in die Flüsse und Seen ergießen: 
      
         "Aufgrund
              der hohen Keimbelastung stellt Abwasser aus klassischen mechanisch-biologischen
              Kläranlagen eine Gefahr für die menschliche Gesundheit dar.
              Gereinigtes Abwasser enthält 10 bis 100 Millionen Keime pro Liter.
              Auch wenn es in Deutschland keine Hygieneanforderung an das Abwasser
              gibt, sollten in sensiblen, hygienisch empfindlichen Gebieten (Trinkwasserschutzgebiete,
              Trinkwassertalsperren, Gewässer, die über Uferfiltrat
              das Grundwasser beeinflussen, Badegewässer oder Küstengebiete
              mit Badestrand, Muschelbänke, Entnahmestellen für Meerwasserentsalzung)
              weitergehende Abwasserreinigungsverfahren zum Einsatz
              kommen, die geeignet sind, Krankheitserreger und Nährstoffe zu
              entfernen.“ 
       
       Angesichts
          des hohen Energieverbrauchs der hiesigen Kläranlagen
            ist zudem der Hinweis interessant, dass die Bundesregierung auch
          die „Festlegung
            von Mindestmaßnahmen für die Energieeffizienz von
            Kläranlagen" prüfe
            (s. RUNDBR. 878/1-2). 
       
     | 
   
  
    
       
       Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet
            regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge.
            Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern. 
        
     
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