aktualisiert: 
	       15. März 2009 
	      
	    
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      BBU-Wasserrundbrief,
            26.1.2009 
        
      CDU/CSU
              und SPD torpedieren die  
        interkommunale Zusammenarbeit 
         
       
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      Höchst
          erfreut zeigte sich der Bundesverband der deutschen Entsorgungswirtschaft
          (BDE) – Grund des Triumphs der
        Speerspitze der privaten Abfall- und Abwasserunternehmen: Nach jahrelangen
        Querelen haben die Koalitionsfraktionen kurz vor Weihnachten im Hauruckverfahren
        die Vergaberechtsnovelle durchgezogen. Einer der wichtigsten Knackpunkte:
        Es fehlt weiterhin an einer eindeutigen Klarstellung, dass die Zusammenarbeit
        von Kommunen (beispielsweise in Form von Wasser- und Abwasserverbänden)
        nicht der Ausschreibungsverpflichtung unterliegt. 
      De
          facto hat damit am 17. Dez. 2008 der Wirtschaftsausschuss mit Zustimmung
          von CDU/CSU
          und SPD beschlossen, auch die interkommunale Zusammenarbeit künftig
          dem Wettbewerb zu unterwerfen. Nur einen Tag später, am 18. Dez.,
          war der Bundestag im Schnellverfahren dem Votum des Wirtschaftsausschusses
          in zweiter und dritter Lesung gefolgt.  
      Die
          Verbände der Kommunalwirtschaft
            befürchten jetzt, dass damit viele kommunale Gemeinschaftsunternehmungen
            der Privatisierung ausgesetzt werden. Zuvor hatte es noch den Anschein,
            als wäre die Bundesregierung trotz der Angriffe der Privatisierungslobby
            und der FDP bereit, die Zusammenarbeit von Kommunen vom Wettbewerbsrecht
            auszunehmen.  
      Dass
          jetzt aber die interkommunale Zusammenarbeit weiterhin nicht explizit
          vom Wettbewerbsrecht ausgenommen werden soll, kommentierte
              der BDE-Hauptgeschäftsführer, MATTHIAS RAITH, „mit
              großer Erleichterung“: Wäre tatsächlich eine Öffnung
              der interkommunalen Zusammenarbeit beschlossen worden, so RAITH,
              hätte
              für private Entsorgungsunternehmen in Deutschland 
      
         „flächendeckend
                    die Gefahr bestanden, aus dem Markt gedrängt zu werden“. 
       
       Kommunen
          hätten dann bei der Durchführung der Entsorgungsdienstleistungen
                  ohne jegliche Ausschreibungen und mit freihändigen Vergaben
                  untereinander kooperieren können. RAITH in grotesker Zuspitzung: „Diese
                  Gefahr kalter Enteignung ist nunmehr gebannt.“  
      Dass
          der Bundestag bereit war, die interkommunale Zusammenarbeit weiterhin
          der Gefahr
              einer Ausschreibungspflicht zu unterwerfen, schreiben der BDE,
          der Bundesverband
              der deutschen Industrie (BDI) und der Bundesverband Sekundärrohstoffe
              (BVSE) ihrer erfolgreichen Lobbyarbeit zu Gute: 
      
        „Wir
              haben über Monate - in enger Abstimmung mit 18 weiteren Verbänden
                    (…) - auf allen politischen Ebenen gegen die Ausweitung
                    der interkommunalen Zusammenarbeit argumentiert und interveniert.
                    Diese intensive Überzeugungsarbeit
                    hat am Ende zum Erfolg geführt. (…) Wir möchten
                    uns in diesem Zusammenhang gerade auch bei der CDU-Mittelstandsvereinigung
                    und
                    dem Parlamentskreis Mittelstand der CDU/CSU bedanken, die hier
                    uns hier aktiv unterstützt haben. Im Ergebnis freuen wir
                    uns auch darüber,
                    dass die SPD-Bundestagsfraktion den guten Argumenten gefolgt
                    ist."  
       
            
          
              
                
                   
                    Der strittige Passus im Gesetz  
                    gegen Wettbewerbsbeschränkungen 
                   Ursprünglich
                      war vorgesehen, im „Gesetz zur Modernisierung des
                      Vergaberechts“ in
                      Paragraf 99, Abs. 1 des „Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen“ eine
                      Klarstellung einzufügen, dass interkommunale Kooperationen
                      nicht dem Wettbewerbsrecht unterliegen. 
                   „(1) Öffentliche
                      Aufträge sind entgeltliche Verträge
                      von öffentlichen Auftraggebern mit Unternehmen über
                      die Beschaffung von Leistungen, die Liefer-,          
                       Bau- oder Dienstleistungen zum Gegenstand haben, Baukonzessionen
                      und Auslobungsverfahren, die zu                      Dienstleistungsaufträgen führen
                      sollen. 
                   Ein öffentlicher
                      Auftrag liegt nicht vor, wenn öffentliche
                        Auftraggeber (…) Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen
                        durch eine oder mehrere juristische Personen erbringen
                        lassen, die selbst öffentliche
                        Auftraggeber sind und an denen privates Kapital nicht
                        beteiligt ist, sofern diese juristischen Personen die
                        zu erbringende Leistung überhaupt
                        nicht auf dem                        Markt anbieten oder
                        im wesentlichen für öffentliche Auftraggeber
                        tätig sind.“ 
                                          Der
                      kursiv geschriebene Passus wurde dank der erfolgreichen
                          Lobbyarbeit von BDI, BDE und BVSE wieder gestrichen.
                          Folge: Die seit längerem
                          strittige Frage, ob interkommunale Kooperationen dem
                          Vergaberecht unterliegen, wird im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
                          auch künftig nicht eindeutig geregelt. 
                           
                   
                   
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    Interkommunale
          Zusammenarbeit  
      unter Druck der EU-Kommission? 
     
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            Wäre
          der Passus zur interkommunalen Zusammenarbeit nicht aus dem Vergaberecht
          gestrichen worden, 
      
         „hätten
              Sanktionen des Europäischen Gerichtshofes gedroht,
              die mit immensen Belastungen für die Steuerzahler verbunden gewesen
              wären. Die Pläne der Koalition hätten gegen europäische
              Vorgaben verstoßen",  
       
       so
          das unablässig vorgetragene Mantra von BDI, BDE und BVSE. Demgegenüber
            meint die „Allianz öffentliche Wasserwirtschaft (AöW)“,
            dass der BDI-Verweis auf das EU-Wettbewerbsrecht in dem Fall „durch
            noch so häufige Wiederholung nicht richtiger“ wird. Erst
            jüngst
            habe der Europäische Gerichtshof „mit Entscheidung vom
            13. November 2008 deutlich zum Ausdruck gebracht, dass interkommunale
            Kooperationen
            auch nach geltendem europäischen Vergaberecht ausschreibungsfrei“ seien.
            Die AöW argumentiert ferner, dass „das Vergaberecht als
            Vehikel in der Auseinandersetzung um die Privatisierung öffentlicher
            Aufgaben der Daseinsvorsorge (…) zweckwidrig missbraucht“ werde.
            Die AöW und der Verband kommunaler Unternehmen haben sich deshalb
            an die Ministerpräsidenten der Bundesländer gewandt. 
      Denn
              jetzt kommt es auf das Ländervotum im Bundesrat an. Voraussichtlich
              am 13.02.09 wird die Länderkammer über das Vergabeänderungsgesetz
              entscheiden. In ihren Schreiben an die Ministerpräsidenten heben
              die kommunal orientierten Verbände die Vorteile der kommunalen
              Zusammenarbeit hervor: Mittels „optimierter Betriebsgrößen“ könne
              die Daseinsvorsorge „kostengünstiger und besser bereitgestellt“ werden,
              wenn die Kommunen beim public service kooperieren. 
        
      
        
          
               
          Die diversen Konfliktlinien im Vergaberecht 
               Neben
                  der Wettbewerbsrelevanz der interkommunalen Zusammenarbeit
                  gab es bei der Novelle des Vergaberechts noch zahlreiche weitere
                  Konflikte:  
              Strittig
                  war insbesondere die Frage, ob sich das Vergaberecht eignet,
                  um soziale und ökologische Zwecke
                    zu verfolgen. Dazu hatte am 13. Okt. 2008 im Bundestag eine
                    Sachverständigenanhörung stattgefunden, bei der sich
                    die Sachverständigen erwartungsgemäß kontrovers
                    gegenüber gestanden hatten.  
              Beispielsweise
                  sprach sich der Bundesverband der Deutschen Industrie dagegen
                  aus, dass
                      in Vergabeaufträgen der Öffentlichen Hand das
                      bindende Verbot von Kinderarbeit aufgenommen wird. Zertifikate,
                      die
                      den Verzicht auf Kinderarbeit belegen, seien richtig teuer.
                      Und außerdem solle der ganze Sozial- und Öko-Klimbim
                      besser außerhalb des Vergaberechts geregelt werden.
                      Die Aufblähung des Vergaberechts durch Öko- und
                      Sozialkriterien würde zu einem hohen Aufwand bei der
                      Leistungsbeschreibung und bei der Kontrolle, zu Mehrkosten
                      und Verzögerungen – mithin
                      zu überbordender Bürokratie - führen.  
              Zur
                        Debatte standen im Wirtschaftsausschuss zudem die Anträge
                        der FDP (16/9092; noch mehr Wettbewerb; keine Überfrachtung
                        durch „vergabefremde Aspekte“), der Linksfraktion
                        (16/6390, 16/9636; mehr Tariftreue statt EU-Lohndumping)
                        und der GRÜNEN (16/6791, 16/8810).  
              Der
                  Regierungsentwurf sah vor, dass für die Auftragsausführung
                  zusätzliche
                          Anforderungen an Auftragnehmer gestellt werden können,
                          die  
              
                „insbesondere soziale, umweltbezogene oder
                                innovative Aspekte betreffen, wenn sie im sachlichen
                                Zusammenhang
                                mit dem Auftragsgegenstand stehen und sich aus der
                                Leistungsbeschreibung ergeben“.  
               
              Wie
                  schon im Entwurf vorgesehen, hat der Bundestag am 18. Dez.
                  2008
                            beschlossen, dass der
                            Mittelstand
                            bei der
                            Auftragsvergabe dadurch bevorzugt werden soll, indem
                            größere
                            Aufträge in Fach- und Teillose aufgeteilt werden
                            müssen.
                            Diese „Mittelstandsklausel“ war nicht
                            nur vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie kritisiert
                            worden,
                            auch die großen Wasserkonzerne ärgern
                            sich über
                            diesen Passus, weil damit die Komplettübernahme
                            von Wasser- und Abwasserbetrieben erschwert wird
                            (s. BBU-WASSERRUNDBR.
                            Nr. 897 / Seite 2).  
               
           
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    GRÜNE
            wollen interkommunale  
      Zusammenarbeit retten 
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       In
          letzter Minute hatten die GRÜNEN noch einen Entschließungsantrag
  eingebracht, der die interkommunale Zusammenarbeit doch noch von der Ausschreibungsverpflichtung
  bewahren sollte. In Entschließungsantrag wurde der Vorstoß damit
  begründet, dass die Verwaltungszusammenarbeit zwischen kommunalen Gebietskörperschaften
  als  
      
        „ein geeignetes und vielfach erforderliches Mittel interner Staatsorganisation“ zu
        betrachten sei, „um kosteneffizient und im Interesse des Gemeinwohls
        Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge zu erbringen“: 
         „Die
              interkommunale Zusammenarbeit ist vor dem Hintergrund des demografischen
        Wandels unverzichtbar, um die Grundversorgung gerade in strukturschwachen
        Regionen zu sichern und die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse
        zu gewährleisten.“  
       
            Die GRÜNEN machen sich dafür stark, dass der Deutsche Bundestag zudem
      das Bestreben der EU-Kommission kritisieren solle,  
      
        „auch
              solche Formen interkommunaler Zusammenarbeit vergaberechtlich in die
              europaweite Ausschreibungspflicht
            einzubeziehen, die ohne private Beteiligung erfolgen“.  
       
      Die
          interkommunale Zusammenarbeit habe nämlich  
      
        „wegen
              ihres lokalen Bezuges keine Binnenmarktrelevanz, ist eine rein verwaltungsinterne
              Lösung“  
       
      und
              könne deshalb
              nicht dem EU-Vergaberecht unterliegen. 
      
        „Eine
              Anwendung des EU-Vergaberechts würde sonst zu einem faktischen
              Privatisierungszwang bei Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge
              führen“, 
       
                  schreiben die Bundestags-GRÜNEN weiter. DIE GRÜNEN verlangen deshalb,
                  dass der Deutsche Bundestag die Bundesregierung auffordern soll,  
      
        „bei
                        der Neufassung des Vergaberechts alle Möglichkeiten
                        auszuschöpfen,
                        die vorhandene Interkommunale Zusammenarbeit und ihren Ausbau
                        ohne Beteiligung Privater umfassend rechtlich zu sichern“.
                       
       
      Ferner
          schlagen DIE GRÜNEN
                      vor, 
      
         „auf
              Ebene der EU konsequent und dem Deutschen Bundestag nachweisbar darauf
              hinzuwirken, dass die interkommunale
                            Zusammenarbeit ohne Beteiligung
                            Privater durch eine sekundärrechtliche Klarstellung
                            tatbestandlich vom Vergaberecht der EU ausgenommen
                            wird“.
                           
       
        
      Weitere
            Auskunft: 
              Michael Schröter, Wissenschaftlicher 
              Mitarbeiter Wirtschaftspolitik  
              Büro Kerstin Andreae, MdB  
              Wirtschaftspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die
              Grünen  Deutscher
              Bundestag  
                Tel.: (030) 227 71481, Fax: (030) 227 76481; 
                Mobil: 0176 - 22 94 78 03  
                E-Mail: kerstin.andreae.ma01@bundestag.de 
        
     
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       Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet
            regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge.
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