aktualisiert: 
	       27. Dezember 2010 
	      
	    
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         WasserInBürgerhand! 
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      BBU-Wasserrundbrief,
            10.12.2010 
        
      Abwasserabgabe
              in Rekordhöhe 
              Kläranlage
              seit vier Jahren überlastet 
      Weißenfels
      (Sachsen-Anhalt)           
       
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      Verantwortlichkeiten
          und Inkompetenz kommen auch in rein kommunalen Körperschaften
          vor – beispielsweise in Weißenfels (Sachsen-Anhalt). Dort
          will das Landesverwaltungsamt rückwirkend zum Jahr 2006 einen
          Zuschlag zur Abwasserabgabe in Rekordhöhe von 2,9 Mio. Euro von
          der Stadt eintreiben. Wegen Überlastung der Weißenfelser
          Kläranlage im Jahr 2006 waren die zulässigen Grenzwerte („Überwachungswerte“)
          im geklärten Abwasser massiv überschritten worden.  
      In
          Weißenfels
            fühlt man sich angesichts der exorbitanten Nachzahlung ungerecht
            behandelt. Denn nach einem extremen Starkregen im Februar 2006 hatte
            man die Überschreitung der Überwachungswerte selbst bei
            der staatlichen Behörde angezeigt. Daraufhin hat die staatliche
            Gewässerüberwachung
            Proben gezogen – wobei andauernde Grenzwertüberschreitungen
            festgestellt werden mussten. In Weißenfels war man davon ausgegangen,
            dass die Sonderbeprobung nicht relevant für die Berechnung der
            Abwasserabgabe sei. Dieser Irrtum hat jetzt die Abwasserabgabe explodieren
            lassen (vgl. RUNDBR. 423/3, 416/4).  
      Wie
          die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG (MZ) am 24.11.10 meldete, darf die erhöhte
          Abwasserabgabe nicht auf die Abwassergebühren umgelegt werden.
          Auf der Leserkommentarhomepage der MZ wurde aber sogleich angemerkt,
          dass dann eben die erhöhte
              Abwasserabgabe über die Steuern – und damit doch wieder
              von der Allgemeinheit der Gebührenzahlerinnen – berappt
              werden müsse. 
      
        
          
              
            Zuständigkeitswirrwarr
                  in Weißenfels 
             Wer
                vordergründig die Rekordabwasserabgabe zahlen muss, ist
                noch immer offen – denn in Weißenfels sind die Zuständigkeiten
                besonders kompliziert: Der dortige Abwasserzweckverband hat nur
                noch einen Gesellschafter, nämlich die Stadt Weißenfels.
                Betrieben wird die Kläranlage des Zweckverbandes von den
                Stadtwerken Weißenfels. Die Stadtwerke sind wiederum im
                Vollbesitz der Stadt. Leserkommentare kritisieren diesen Wasserkopf
                auf der MZ-Homepage als viel zu teuer sowie als Verschiebebahnhof
                für Pöstchen.  
             
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      Warum
      kommt man den Stark- 
      verschmutzern nicht auf die Spur? 
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        Die dauerhafte Überschreitung
            der Überwachungswerte sei darauf zurückzuführen,
            dass die Weißenfelser Kläranlage stark überlastet
            ist. Nach Angaben der MZ war die Kläranlage in den 1990er Jahren
            für 76 500 Einwohnerwerte geplant worden, bereits seit 2004
            werde diese Kapazität überschritten, seit 2009 drastisch.
             
        Weder der Zweckverband
            noch die Betriebsführerin der Kläranlage – die
              Stadtwerke Weißenfels – waren bislang in der Lage,
              herauszufinden, welche Unternehmen seit Jahren eine Überlast
              an Abwasser in die Kanalisation einleiten. „Man weiß nicht,
              welches Unternehmen welche Schadstoffmenge in die Kläranlage
              transportiert. Fest steht nur, es kommt viel zu viel in der Kläranlage
              an“,
              schreibt die MZ.  
        Was man schon
            längst hätte machen müssen,
                wird erst jetzt in Angriff genommen: Alle großen Einleiter
                sollen einer 24-Stunden-Prüfung unterzogen werden. Zudem
                will der Zweckverband mit den Industrieunternehmen beraten,
                wie Belastungsspitzen
                abgebaut werden und ein kontinuierlicher Zufluss zum Klärwerk
                zu erreichen ist. Ferner wolle man sich mit der Industrie an
                einen Tisch zu setzen, um einen Konsens zu finden, damit die
                Kläranlage
                bis zum späterhin geplanten Ausbau nicht mehr überlastet
                wird, „ohne dass das produktionsgefährdend wird“,
                so die MZ.  
        Einige der Industriebetriebe,
            die für die Überlast
                  verantwortlicht gemacht werden, haben lt. MZ vom 29.11.10
            auch schon „Entgegenkommen“ und „aktive
                  Mitarbeit“ signalisiert. Man könne über innerbetriebliche
                  Speicherbecken nachdenken, um das Abwasser zielgerichtet
                  zu Schwachlastzeiten in die Kläranlage zu schicken. "Allerdings
                    muss das auch in irgendeiner Form, zum Beispiel beim Abwasserpreis,
                    honoriert
                    werden",
                    erklärte der geschäftsführende Gesellschafter
                    von Sugar & Fruit. Es ist aber nicht nur diese Dreistigkeit
                    der Industrie, die in diesem Fall bemerkenswert ist. Obwohl
                    die Überschreitung
                    der Kapazitätsgrenzen der Kläranlage schon seit
                    spätestens
                    2004 offenkundig war, seien von der Kom-mune dennoch Verträge
                    für steigende Einleitmengen abgeschlossen worden. Dazu
                    schrieb die MZ am 29.11.10: 
        
          „Ein Umstand,
                den die Bürgerinitiative Pro Weißenfels heftig
                        kritisiert und auf den sie seit Jahren aufmerksam macht.
                Im Übrigen
                        hat sich die Stadt in gewisser Hinsicht schon vor 17 Jahren
                die Hände
                        gebunden, als der Betriebsführungsvertrag mit den Stadtwerken
                        für 20 Jahre abgeschlossen wurde. Solche langen Fristen
                        seien nicht zu verstehen, konstatiert der heutige OB Risch.“ 
         
                      Inzwischen
            wird auch die Kompetenz der Stadtwerke als Betriebsführerin
                      der Kläranlage angezweifelt. So sei lt. MZ seit Mitte
                      2009 bekannt, dass es in der Nachklärung zu einem
                      Schlammauftrieb komme. Die Belebtschlammflocken würden
                      durch aufsteigende Gase nach oben gedrückt und aus
                      der Kläranlage geschwemmt. „Warum
                      das so ist, sei bislang nicht konkret untersucht worden“ berichtet
                      die MZ. MZ-LeserInnen kritisieren zudem, dass es weder
                      den Stadtwerken noch dem Zweckverband über Jahre hinweg
                      gelungen sei, den oder die Industriebetriebe zu identifizieren,
                      die dauerhaft zu einer Ü-berlastung
                      der Kläranlage geführt haben. Der BUND und die
                      Bürgerinitiative
                      Pro Weißenfels verdächtigen den Schlachthof,
                      an der Überlastung
                      der Kläranlage Schuld zu sein. Damit komme es auch
                      zu einer illegalen Verschmutzung der Saale. Beim Abwasserzweckverband
                      entlastet man demgegenüber
                      den stetig wachsenden Schlachthof: 
        
          „Ursachen
                für die Überschreitung der Grenzwerte in diesem
                            Jahr seien unter anderem starke Regenfälle oder
                            in die Kanalnetze drückendes Hochwasser der Saale
                            gewesen.“  
           
        
          
            
              Wie man Starkverschmutzern
                  auf die Schliche kommt, ist schon vor 25 Jahren im WASSER-RUNDBRIEF
                  Nr. 62 vom 19.01.1986 erläutert
                worden. Damals hatten wir unter der Überschrift „Wie
                erwische ich einen Indirekteinleiter“ auf eine entsprechende
                Publikation aufmerksam gemacht: 
              Im
                  RUNDBRIEF wurde schon mehrmals darauf hingewiesen, dass die
                  kommunalen
                  Abwassersatzungen
                  aufgrund der bevorstehenden Novellierung
                des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) verschärft werden müssen
                (s. RUNDBR. Nr. 60/2). Da kommt das Buch „Das Abwasserkataster“ (Erich
                Schmidt Verlag, Berlin, 1985, 150 S.) gerade richtig. Hier wird
                detailliert beschrieben, auf welcher Rechtsgrundalge und mit
                welcher Vorge-hensweise ein Abwasserkataster aufgestellt werden
                kann. Im Abwasserkataster werden die Abwässer aus Gewerbe,
                Industrie, öffentlichen Einrichtungen und der Landwirtschaft
                erfasst.  
              Die
                  Fachwelt ist sich einig. dass mit diesem Buch „eine
                  wertvolle Arbeitsanleitung für das Abwasserkataster, einem
                  wesentlichen Instrument des Umweltschutzes vorgelegt“ (Deutsche
                  Gewässerkundliche Mitteilungen) worden ist. Jeder grün-rot-bunt-alternativen
                  Gemeinderatsfraktion ist die Beschaffung dieses Buches zu
                  empfehlen. Zudem erfährt man in dem Buch nicht nur alles über
                  Indirekteinleiter, deren Überwachung und Kontrolle; auch
                  die Grundbegriffe des kommunalen Abwasserwesens (z.B. der
                  Unterschied zwischen „RegenWETTERabfluss“ und „RegenWASSERabfluss“)
                  und des Wasserrechts (z.B. von der Bedeutung der „Eigenkontrollverordnungen“)
                  werden erläutert. (…) 
               Werner
                  Noack: 
                  Das Abwasserkataster – Erstellung, systemati-sche Grundlagen
                    für Planung und Betrieb von Abwasseranlagen und deren
                    Auswertung 
               Vielleicht
                  findet man in Weißenfels diesen Schmöker
                      noch in einem Antiquariat?! 
               
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        Zoff
        um Erhöhung  
        der Abwassergebühren in Goslar 
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          Schnittstellenprobleme
              gibt es offenbar auch in Goslar, wo Kanalnetz und Kläranlage
              1996 teilprivatisiert worden sind (siehe
              Kasten). Die Konfrontation
              spielte sich aber vorwiegend zwischen Stadtverwaltung
            und Gemeinderat ab. 
           Mitte Nov.
              2010 war die Verwaltungsspitze von Goslar in den Bau- und Finanzausschuss
              marschiert, um den Gemeinderäten
              eine Erhöhung der Abwassergebühren um über zehn
              Prozent schmackhaft zu machen. Die Stadtverwaltung war nach Ansicht
              der
              Gemeinderäte allerdings nicht in der Lage, zu begründen,
              warum die Abwassergebühr von 2,96 auf 3,27 Euro pro Kubikmeter
              angehoben werden müsse. Zumal bereits zum 1. März 2009
              die Gebühr um 8,8 Prozent angehoben worden war. Irgendwie
              sollte die jetzt anstehende Erhöhung damit zu tun haben, dass
              der Frischwasserbedarf für 2008 und 2009 fehlerhaft kalkuliert
              worden sei. Tatsächlich
              wäre der Frischwasserbedarf deutlich geringer ausgefallen.
              Da der Frischwasserbedarf auch die Grundlage zur Berechnung der
              Abwassergebühr ist, habe sich eine Unterdeckung ergeben.
               
          Die Gemeinderäte
              waren quer durch die Parteien der Ansicht, dass die Verwaltung „saumäßig
              vorbereitet“ gewesen
                wäre, dass „jede Transparenz in der Kalkulation“ fehlen
                würde und dass man von der Verwaltung „ein nicht nachvollziehbares
                Rechenwerk“ vorgesetzt bekommen hätte. Der Bau- und
                Finanzausschuss beendete erzürnt die Diskussion – auch
                deshalb, weil man die Vorlage erst Stunden zuvor von der Verwaltung
                per E-Mail „überfallmäßig“ zugeschickt
                bekommen habe.  
          Der Betreiber
              der Abwasserentsorgung, die EURA-WASSER-Tochter in Goslar, zeigte
              sich ebenfalls verwundert über den Vorstoß der
                  Stadtverwaltung zu einer Gebührenerhöhung. Mit einem
                  Anstieg der Betreiberentgelte für EURAWASSER könne
                  der Gebührenanstieg
                  nicht begründet werden. Eher im Gegenteil, denn die Betriebsführungsgebühr
                  würde rund 288 000 Euro unter dem Vorjahresergebnis liegen.
                   
          Aus der Verwaltung
              habe man hören können, dass es
                    bei der letzten Erhöhung zum März 2009 „eine
                    politische Deckelung auf drei Euro gegeben“ habe, berichtete
                    die GOSLARER ZEITUNG. Bereits damals hätte die Stadt
                    3,12 bis 3,15 Euro für eine
                    Kostendeckung gebraucht. Die Stadtverwaltung vertrete die
                    Meinung, dass „der zur Zeit gültige Kubikmeterpreis
                    von 2,96 Euro als eine vorgeholte Ersparnis für den
                    Bürger“ anzusehen
                    sei. Und diese Zahlen wären dem Bauausschuss „ausweislich
                    des Protokolls“ bereits Anfang Juni 2010 vorgelegt
                    worden – ein
                    Sachverhalt, der die GOSLARER ZEITUNG zu der Vermutung veranlasste,
                    dass der jetzt überraschte Ausschuss sich damals in
                    nicht öffentlicher
                    Sitzung wohl in „einem seligen Tiefschlaf“ befunden
                    haben müsse. Der Bauausschuss sah sich trotz einer
                    neuerlichen Sitzung Ende Nov. 2010 zu abschließenden
                    Empfehlungen außerstande.
                    Demnächst soll das Gebührenerhöhungspapier
                    erneut in dem Gremium beraten werden. 
          
            
                
                
                  Französischer
                        Wasserkonzern will in Goslar  
energieautarke Kläranlage realisieren 
                   Im
                      Februar 1996 gründeten die Stadt Goslar und die EURAWASSER
                      Aufbereitungs- und Entsorgungs GmbH eine gemeinsame Gesellschaft,
                      die Stadtentwässerung Goslar GmbH (SGG), an der die
                      Stadt mit 51% und EURAWASSER mit 49% beteiligt sind. Im
                      Rahmen des als Kooperationsmodell bezeichneten Vertrages
                      hat die SGG die Betriebsführung der Kläranlage,
                      des Kanalnetzes und der Pumpwerke an die EURAWASSER Betriebsführungsgesellschaft
                      mbH, Niederlassung Goslar, übertragen. Die EURAWASSER
                      ist die deutsche Tochtergesellschaft des französischen
                      SUEZ-GdF-Konzerns. Die Kläranlage in Goslar ist in
                      Fachkreisen bundesweit bekannt geworden, weil auf dieser
                      Kläranlage EURAWASSER (ähnlich wie in Rostock)
                      einen energieautarken Betrieb realisieren will. 
                    
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      Zu
            viel Grundwasser im Kanal:  
      Kläranlagen-Bakterien verhungern 
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        Während
              man in Weißenfels mit einer Überlastung der Kläranlage
              kämpft, hat man in anderen
              Regionen Ostdeutschlands Probleme mit einer Unterlast. Die außergewöhnlichen
              Niederschlagsmengen im Jahr 2010 haben nicht nur zu mehrfachen Hochwasserwellen
              geführt. Auch Landwirte klagen über einen anhaltend hohen
              Grundwasserstand, der vielerorts wegen andauernder Vernässung
              zum Verfaulen der Ackerfrüchte geführt hat. Und der hohe
              Grundwasserstand hat auch volllaufende Keller in zahlreichen ostdeutschen
              Ortschaften zur Folge. Um die Keller trocken zu bekommen, wird das
              Wasser von den Hausbesitzern satzungswidrig einfach in die Kanalisation
              gepumpt – woraufhin immer mehr ostdeutsche Kläranlagenbetreiber
              beklagen, dass die Bakterien in den Belebtschlammbecken schier am „Verhungern“ seien.
               
        So berichtete
            beispielsweise die Märkische Oderzeitung dass
                sich die Geschäftsführer der Wasser- und Abwasserzweckverbände
                in Eisenhüttenstadt, Beeskow, Guben und Storkow einhellig über
                diese Missstände ärgern würden. So gehe der Gubener
                Wasser- und Abwasserzweckverband (GWAZ) davon aus, dass derzeit
                30 bis 50 Prozent mehr Abwasser als sonst in der Kläranlage
                in Gubin ankomme. Durch die Verdünnung mit dem vergleichsweise
                sauberen Grundwasser komme das Abwasser so verdünnt in der
                Kläranlage
                an, dass die Bakterienbiozönosen in den Belebtschlammbecken
                zu wenig zu fressen hätten. Im Extremfall müsse man
                zusätzlich
                leicht abbaubare Substrate ins Abwasser kippen, um die Prozessstabilität
                der Kläranlage gewährleisten zu können. Die dafür
                anfallenden Kosten müssten letztlich wieder auf alle GebührenzahlerInnen
                umgelegt werden. Denn den Verursachern der Misere, die illegal
                Grundwasser in den Kanal pumpen, sei kaum beizukommen. 
       
     
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       Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet
            regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge.
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