Die
          Auseinandersetzungen um den geplanten Ilisu-Staudamm am Tigris haben
          auch in Deutschland für Schlagzeilen gesorgt (s.
          RUNDBR. 875/1-2, 660/4). Weniger bekannt ist, dass die
          Türkei für ihre Flüsse
          ein groß angelegtes Regulierungs-, Verstromungs- und Bewässerungsprojekt
          verfolgt, das insgesamt den Bau von 1.400 Staudämmen aller Größenklassen
          vorsieht (s. 868/1). Diese Planungen
          waren auch Gegenstand der Konferenz "Water
          politics in Turkey" in Brüssel am 18. November 2010. Auf
          der Konferenz wurden die türkischen Wassermanagementpläne
          seitens der EU-Kommission überwiegend skeptisch beurteilt. NICHOLAS
          HANLEY von der Generaldirektion Umwelt (DG Environment) der EU-Kommission
          legte auf der Konferenz eine kritische Stellungnahme zu den Ausbauplänen
          vor, die mit der DG Enlargement (Erweiterung) abgestimmt war.
      
         „Diese
              Stellungnahme - ein offizielles Papier der EU - war überraschend
              eindeutig. Vertreter der DG Environment und der DG Enlargement waren
              in Vorbereitung auf diese Konferenz extra in die Türkei gereist,
              um sich vor Ort ein persönliches Bild von Ilisu und anderen Staudammplänen
              zu machen,“
      
       teilte
          das deutsche Unterstützerkomitee der türkischen Ilisu-Staudamm-Gegner „Gegenströmung“ am
            25.11.10 mit. Die Stellungnahme der EU würde keinen Zweifel
            daran lassen, dass die geplante "Staudammflut" der Türkei
            gegen geltendes EU-Recht verstoßen würde. Zwar müsse
            sich die Türkei als Beitrittskandidat offiziell nicht an die
            EG-Umweltrichtlinien halten. Gleichwohl habe die EU-Kommission die
            Türkei ersucht, sich
            auch während der Beitrittsverhandlungen an die EU-Normen anzupassen.
            Die EU-Stellungnahme habe die Wassermanagementpläne der Türkei
            als "einmalig" bewertet: kein anderes Land in der EU und
            kein anderer Beitrittskandidat verfolge eine derart rigorose Staudammpolitik,
            ohne die Folgen für Natur, Kultur und Menschen abzuklären.
            
      U.a.
          hat die Kommission die Türkei aufgefordert, keine Entscheidungen
              zu treffen, die einer möglichen Ausweisung von potenziellen
              Natura 2000 Gebiete diametral entgegenstehen könnten. Um negative
              Folgen für Menschen und Natur zu minimieren, solle das gesamte
              Fluss-Ausbauprogramm einer strategischen Umweltverträglichkeitsuntersuchung
              unterzogen werden, bevor einzelne Projekte genehmigt werden. Außerdem
              habe die EU die Verantwortlichen in Ankara ersucht, für die
              einzelnen Projekte jeweils eine separate Umweltverträglichkeitsprüfung
              (UVP) nach EU-Vorbild durchzuführen. Diese Forderungen sollen
              lt. „Gegenströmung“ auch
              Gegenstand der nächsten Sitzung der EU Umweltgruppe mit der
              Türkei
              sein. Die EU-Kommission habe die Türkei offiziell um Auskunft über
              das tatsächliche Maß der Ausbauplä-ne gebeten.
              
      Weitere
          Informationen: 
            GegenStrömung - CounterCurrent
            Heike Drillisch
            Tel. 0331 - 70 48 212, 0177 - 345 26 11
            E-Mail: heike.drillisch@gegenstroemung.org
            Internet: www.gegenstroemung.org