aktualisiert:
24. Juli
2011

 

 

 

 

 

 

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WasserInBürgerhand!

BBU-Wasserrundbrief, 10.5.2011

 

Bundeskartellamt:
Wasserpreise in Berlin sind überhöht

 

Die Wasserpreise in Berlin sind nach Einschätzung des Bundeskartellamtes um 50 Cent pro Kubikmeter oder etwa 25 Prozent zu hoch. Diese Zahlen habe das Kartellamt in einem Brief an die Berliner Was-serbetriebe (BWB) genannt, teilten die BWB am 9.3.11 mit. Das Bundeskartellamt hat in den vergangenen Monaten die Preiskalkulationen von mehr als 40 Wasserunternehmen in Deutschland verglichen. Geklärt werden sollte, ob die hohen Preise in Berlin gerechtfertigt seien. Ein Kubikmeter Trinkwasser (1.000 Liter) kostet in der Hauptstadt derzeit 2,17 Euro, dazu kommt noch ein monatlicher Grundpreis. Die Berliner Abwasserpreise von 2,88 Euro pro Kubikmeter waren in der Kartellamtsuntersuchung unberücksichtigt geblieben.

Gegen die angedrohte Preissenkungsverfügung für Trinkwasser wollen die Wasserbetriebe nun vor Gericht ziehen. Die Klage richtet sich gegen „die Anwendbarkeit des Kartellrechts“. Die üblichen Vorschriften zum Wettbewerb, die Absprachen zwischen konkurrierenden Firmen verhindern sollen, würden im Fall der öffentlichen Wasserversorgung nicht greifen, so die BWB laut einer dpa-Meldung vom 09.03.11 (Details siehe in der nachfolgenden Notiz).

Zuständig für eine solche Klage ist das Verwaltungsgericht in Köln, weil das Bundeskartellamt im benachbarten Bonn sitzt. In Köln kostet der Kubikmeter Wasser 1,61 Euro plus einer - allerdings recht hohen - Monatspauschale. In Hamburg liegt der Preis bei 1,64 Euro und in München bei 1,58.

Über die Wasserpreise wird in der Hauptstadt schon lange gestritten. Im Februar 2011 entschieden die Berliner bei einem Volksentscheid, alle Verträge und Nebenabsprachen zum Teilverkauf der Wasserbetriebe im Jahr 1999 offen zu legen. Damals hatte das Land Berlin 49,9 Prozent der landeseigenen Wasserbetriebe an die Konzerne Veolia, RWE und Allianz verkauft. Die Rendite-Interessen der privaten Teilhaber sehen Kritiker als Grund für die hohen Preise. Demgegenüber betonen die BWB, dass in Berlin die Grundgebühren im Vergleich zu anderen Großstädten besonders niedrig liegen würden. Dieser Effekt würde in rein kubikmeterbezogenen Preisvergleichen zu Lasten der BWB vernachlässigt. [Allerdings wäre diesbezüglich anzumerken, dass es erklärtes Ziel des BWB-Vorstandes ist, die erst vor wenigen Jahren eingeführten Grundgebühren kontinuierlich zu steigern.] Das Bundeskartellamt hatte den BWB eine Frist bis Ende April 2011 gesetzt, um sich zu rechtfertigen.

 

Berliner Wasserbetriebe
wollen gegen Kartellamt klagen
 

Trotz der angekündigten Klage gegen eine Preissenkungsverfügung durch das Bundeskartellamt versuchen die Berliner Wasserbetriebe (BWB) dem Verdikt des Kartellamtes auch gute Seiten abzuge-winnen: So habe das Amt „dem Unternehmen gute Rahmenbedingungen, effizienten Betrieb mit Kosten unter dem Durchschnitt und einen guten Zustand des Rohrnetzes, der sich in einer geringen Rohrbruch- und Wasserverlustquote spiegelt“, bescheinigt. Warum man trotzdem in ein Klageverfahren eintreten werde, begründen die BWB in ihrer Pressemitteilung vom 9.3.11 damit, dass viele der vom Kartellamt aufgeworfenen Punkte aus der Sicht des Un-ernehmens „nicht nachvollziehbar“ seien:

„Wir sind ohne Berücksichtigung der besonderen Umstände nicht mit Hamburg, Köln und München vergleichbar. Keine dieser Städte musste in nur zwei Jahrzehnten eine Halbierung ihrer Verkaufsmengen auffangen und gleichzeitig auf Grund der Wiedervereinigung ihr Rohrnetz so stark sanieren und ausbauen.“

Ferner sei vor allem völlig unklar, ob überhaupt die kartellrechtlichen Preismissbrauchsvorschriften auf die Tarife der Berliner Wasserbetriebe anwendbar seien. Bei ihren Zweifeln an der Zuständigkeit des Bundeskartellamtes stützen sich die BWB auf ein Urteil des Oberlandesgerichtes Düsseldorf aus dem Dezember 2010:

„Das Gericht hatte im Falle eines öffentlich-rechtlichen Wasserversorgers aus Brandenburg darauf hingewiesen, dass möglicherweise allein schon wegen des Anschluss- und Benutzungszwangs eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der kartellrechtlichen Vorschriften nicht vorliege und somit kartellrechtliche Preismissbrauchsvorschriften nicht anwendbar seien. Genau dies ist in Berlin der Fall“,

erklären die BWB in ihrer Pressemitteilung zum Schreiben des Kartellamtes. Zudem betonen die BWB, dass darüber hinaus die Preisbildung auf der Grundlage öffentlich-rechtlicher Vorgaben erfolge – insofern sei auch diesbezüglich „das Kartellrecht nicht anwendbar“. Mit der Klage wollen die BWB grundsätzliche „Klarheit über die Anwendbarkeit des Kartellrechts“ schaffen.

Weitere Auskunft zur Rechtspositionierung der BWB:

Herr Stephan Natz
Pressesprecher/Leiter Öffentlichkeitsarbeit
Berliner Wasserbetriebe (BWB)
Neue Jüdenstraße 1
10179 B e r l i n
Tel. 030/8644-6864, 0172-3040044;
Fax 030/8644-5644
E-Mail: presse@bwb.de
web: www.bwb.de

BDEW: Kartellwächtern
fehlt es an Durchblick!
 

Auch der Bundesverband der Deutschen Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hat das Vorgehen des Bundeskartellamtes gegenüber den Berliner Wasserbetrieben (BWB) kritisiert. In seiner Pressemitteilung vom 10.3.2011 hat der BDEW „Zweifel“ angemeldet,

„ob der von dem Bundeskartellamt zugrunde gelegte »Konzernansatz« die Handlungsoptionen des Unternehmens richtig“ wiedergebe.

»Konzernansatz« bedeutet, dass in der Betrachtungsweise des Bundeskartellamtes das Land Berlin mit 50,1 % nicht nur als Hauptanteilseigener an den BWB fungiert. Das Land Berlin sei darüber hinaus auch Gesetzgeber – und könne damit die juristischen Rahmenbedingungen für die Preisfestsetzung seiner Wasserbetriebe selbst frei gestalten. Das Land Berlin als Hauptaktionär der BWB und als Gesetzgeber sei in dem Fall als „einheitlich handelnde juristische Person“ anzusehen. Demgegenüber hebt der BDEW darauf ab, dass die BWB sozusagen der Preisfestsetzungswillkür des Berliner Senats machtlos ausgeliefert seien:

„So handelt das Unternehmen auf der Basis einer öffentlich rechtlichen Entscheidung des Landes Berlin zu den Kalkulationsgrundlagen, die in Gesetzen festgelegt sind. Diese Vorgaben sind für das Unternehmen nicht veränderbar.“

Der BDEW argumentiert weiter, dass „einige Rechtsexperten“ davon ausgehen würden,

„dass mit der gesetzlichen Festlegung von Kalkulationsgrundlagen ein analoger Vorgang zu Unternehmen mit einer Gebührenregelung vorliegt und somit eine Zuständigkeit des Kartellamtes nicht gegeben ist.“

Zu diesem Themenkomplex hätten der BDEW und Verband kommunaler Unternehmen (VKU) ein gemeinsames Gutachten in Auftrag gegeben, das aufzeigen soll, wo die Grenzen kartellrechtlicher Aufsicht im Verhältnis zur öffentlich-rechtlichen Funktionswahrnehmung liegen.

 

 

Die Berliner Wasserbetriebe
als Gelddruckmaschine

Die Bürgerinitiativen, die sich zum „Berliner Wassertisch“ zusammengefunden haben, titulieren die Berliner Wasserbetriebe (BWB) für die privaten Eigner als „Gelddruckmaschine“. Der Berliner Wassertisch verweist ferner darauf, dass RWE und VEOLIA den Kaufpreis von 1,68 Mrd. Euro im Jahr 1999 keineswegs aus eigenen Rücklagen finanziert hätten. Die privaten "InvestorInnen" hätten beim Kauf der 49,9 Prozent Anteile ihren Einstieg nämlich fremdfinanziert:

„Sie haben Kredite aufgenommen und so ihre Schuldenlast vergrößert. Diese privaten Schulden wurden in Folge in die Wassertarife einkalkuliert. Also bezahlen wir doppelt. Warum? Wir bezahlen die Kreditzinsen der Privaten, aber ihnen gehört das bisher öffentliche Eigentum nun auf Dauer. Noch dazu speist sich die Rendite der Privaten aus dem Abbau von tariflich bezahlten Arbeitsplätzen, aus Arbeitsverdichtung, Senkung der Instandhaltungskosten und aus Gebührensteigerungen für die NutzerInnen, also uns. Die Wasserversorgung Berlins ist zur Gelddruckmaschine geworden“,

kritisiert GERLINDE SCHERMER. Die ehemalige Parlamentarierin im Berliner Abgeordnetenhaus gehört in der Berliner SPD zu denjenigen, die von Anfang an – im Gegensatz zur Parteimehrheit – die Teilprivatisierung der BWB kritisiert hat.

Kontakt und Rück-fragen zu den Aktivitäten und Einschätzungen des Berliner Wassertischs:

Thomas Rudek
Sprecher des Volksentscheids der
GRÜNEN LIGA Berlin
und des Berliner Wassertischs
Tel.: 030 / 261 33 89
E-Mail: ThRudek@gmx.de


Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.

 

 
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