Theatralisch  entsetzt hat die deutsche Chemiebranche am 15. Juni 2016 auf eine Vorschlagsliste der EU-Kommission zur Reglementierung von  endokrinen Disruptoren reagiert. Bei endokrin wirksamen  Disruptoren handelt es sich um Chemikalien, die als „Pseudohormone“  in den Stoffwechsel von Pilzen, Pflanzen, Tieren und Menschen  eingreifen. In der Vorschlagsliste der EU-Kommission sind noch keine  Schwellenwerte enthalten, ab denen diese Stoffe tatsächlich eine  hormonelle Wirkung entfalten. Ähnlich wie bei der  Glyphosat-Debatte legt die deutsche Chemieindustrie auf eine  Berücksichtigung von Schwellenwerten gesteigerten Wert:
      "Die  bloße Anwesenheit einer hormonell aktiven Substanz bedeutet nicht  automatisch, dass sie beim Menschen oder in der Umwelt eine  Schädigung verursacht. In der Regel können für hormonaktive  Chemikalien auf Grundlage einer wissenschaftlichen  Risikobewertung Grenzwerte für die sichere Verwendung ermittelt  werden",
      so  der Verband der Chemischen Industrie (VCI) in einer Medienmitteilung  am 15.06.16 – und weiter:
      "Eine  sichere Handhabung von hormonaktiven Stoffen ist möglich."
      Nach  Meinung des VCI sollte sich die vorgesehene Regulierung endokriner  Disruptoren nur auf Stoffe beschränken, die bereits in niedrigen  Mengen oder Dosierungen eine schädliche Wirkung beim Menschen  oder in der Umwelt auslösen. Bei einer pauschalen  Diskriminierung von sämtlichen Chemikalien mit dem Potenzial  zur hormonellen Wirkung könnte eine Vielzahl von  „Pflanzenschutzmitteln“ vom Markt verschwinden, befürchtet der  VCI. Ähnlich sieht das auch die agroindustrielle  Lobbyorganisation Industrieverband Agrar e.V. (IVA): Ebenfalls  am 15.06.16 kritisierte der IVA, dass sich die EU-Kommission in ihrer  Vorschlagsliste für die Reglementierung von endokrinen  Disruptoren einfach auf eine allgemein gehaltene Definition der  Weltgesundheitsorganisation abgestützt habe. Das berge die  Gefahr, dass zahlreiche Pilzbekämpfungsmittel (Fungizide) mit  hormoneller Wirkung vom Markt genommen werden müssten. Damit würden  den Landwirten keine ausreichende Mittelpalette mehr zur  Verfügung stehen, um gefährliche Schadpilze im Getreide zu  bekämpfen.  [Dazu gehört beispielsweise Mutterkorn, ein  Getreidepilz, der früher zu schweren Erkrankungen geführt hat; Anm.  BBU.] Auf Grund der völlig undifferenzierten Vorgehensweise der  EU-Kommission sieht der IVA die Gefahr, dass „neun der  zehn  wichtigsten Getreidefungizide vom Markt verschwinden könnten“.  Wer mehr über die Ängste und Sorgen der Pestizidhersteller wissen  will, kann sich wenden an:
      Industrieverband Agrar e. V.,  Pressestelle
        Herrn Martin May
        F r a n k f u r t
        Tel. 069 2556-1249
        E-Mail: may.iva@vci.de
        http://www.iva.de