aktualisiert: 
	       28. Sept. 2017 
	      
	    
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      BBU-Wasserrundbrief,
            28.8.2017 
      
        
        
      
        
        
       
      
        
      
      
      
      
      
      
      Zwingt  der Klimawandel zur vermehrten Trinkwasserchlorung? 
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Mit  einer gewissen Geringschätzung blicken zumindest einige  deutsche Wasserwerker auf die südlichen EU-Staaten, weil dort  im Gegensatz zu Deutschland das Trinkwasser routinemäßig gechlort  wird – und dann auch so riecht und schmeckt. Andere  Wasserwerker warnen dann immer vor Hochmut. Denn aufgrund der  deutlich höheren Temperaturen von Griechenland bis Portugal  erwärmt sich auch das Trinkwasser im unterirdischen Leitungsnetz  stärker als im vergleichsweise kühlen Deutschland. Und in warmem  Wasser haben Bakterien erheblich bessere Vermehrungsbedingungen.  Die durchgehende Chlorung in der EU-Südschiene kann deshalb auch mit  den im Süden der EU herrschenden klimatischen Bedingungen  erklärt werden - und ist nicht unbedingt auf ein Unvermögen der  dort tätigen Wasserwerker zurückzuführen.  
      Jetzt hat erstmals  ein deutscher Wasserversorger Keimbefunde in seinem Netz auf den  Klimawandel zurückgeführt und angekündigt, dass er das  Trinkwasser ab 2018 routinemäßig chloren wird. Was war in  Schwenningen – einem Teil der Doppelstadt Villingen-Schwenningen im  Schwarzwald – im Sommer 2017 der Anlass für diese Ankündigung?  Zunächst hatte man in einem Pflegeheim im Juni 2017 bei der jährlich  stattfindenden Routinekontrolle Befunde an coliformen Keimen im  Trinkwasser festgestellt. Trotz der Einleitung von  Gegenmaßnahmen konnten die coliformen Keime nicht dezimiert werden.  Schließlich setzte sich die Auffassung durch, dass nicht die  Installation im Pflegeheim die Ursache der Keimbelastung sein  konnte. Die Keime mussten schon im zugeführten Trinkwasser der  Stadtwerke Villingen-Schwenningen enthalten sein. Der Verdacht  bestätigte sich, als dann schließlich im August 2017 auch  Beprobungen im Netz von Schwennigen vorgenommen worden waren. Nach  den Positivbefunden im Leitungsnetz von Schwenningen hatte das  zuständige Gesundheitsamt ein Abkochgebot sowie  die  Chlorung   des Leitungsnetzes  verfügt. Die Stadtwerke Villingen-Schwenningen haben sich auf  ihrer Homepage 
        www.svs-energie.de/wasser 
          zu  möglichen Ursachen der Verkeimung geäußert: 
      
        „Eine  der Ursachen könnte im warmen Sommer liegen. Bislang waren die  Temperaturen in den Höhen des Schwarzwaldes selten konstant so lange  so hoch wie in diesem Jahr. Proben haben Wassertemperaturen von bis  zu 20 Grad in einem Meter Tiefe ergeben. Gerade während der  Urlaubszeit, in der der Wasserverbrauch in den Städten zurückgeht,  steht in manchen Gebieten das erwärmte Wasser über längere Zeit in  den Leitungen – ein Nährboden für die Keime.“ 
       
      Das  Gesundheitsamt und die Stadtwerke betonten im Hinblick auf die  Verkeimung den Unterschied zwischen coliformen Keimen einerseits  und den Escherichia coli-Keimen (E-colis) andererseits: 
      
        „Coliforme  Bakterien finden sich häufig in der Umwelt und haben zunächst  keinen Bezug zu einer fäkalen Verunreinigung durch  E-Coli-Bakterien, den Erregern von Darmerkrankungen. Der  Nachweis von coliformen Keimen ist laut der Trinkwasserverordnung ein  Verschmutzungsindikator für das Trinkwasser und zieht  Sicherheitsmaßnahmen, wie z.B. eine Chlorung oder Abkochen nach  sich.“ 
       
      Gesundheitsamt,  Stadtwerke und Ärzte hatten deshalb unterstrichen, dass es für  Panik keinerlei Anlass geben würde. Gleichwohl deckten sich  viele Trinkwasserkonsumenten vorsorglich mit Flaschenwasser ein,  wie der Schwarzwälder Bote  am 18.08.17 berichtete: 
      „Einige  Schwenninger veranlasste die Information, die sich wie ein  Lauffeuer verbreitet hatte, am Nachmittag in großen Supermärkten zu  regelrechten Hamsterkäufen von Wasser. Bereits auf den gut  gefüllten Parkplätzen von Lidl und Aldi waren viele Einkaufswagen  vollgepackt mit günstigen Sechserträgern zu sehen. (…) Gegen 16  Uhr war das stille Wasser bei Lidl sogar bereits ausverkauft.“ 
      Um  den TrinkwasserkonsumentInnen entgegen zu kommen, hatten die  Stadtwerke  am dritten Tag des
        
Abkochgebotes  begonnen, nachmittags für zwei Stunden in der Stadtwerke-Zentrale  kostenloses Flaschenwasser abzugeben. Das kam bei einigen BürgerInnen  in Schwenningen allerdings nicht gut an. Dass man zum Abholen des  Gratiswassers in die Nachbarstadt Villingen fahren müsse, sei ja  wohl das Letzte. Und die von den Stadtwerken angebotenen sechs  Ein-Liter-Flaschen pro Haushalt am Tag seien eh viel zu wenig. Mit  sechs Litern Wasser könne man nicht die Wassermenge kompensieren,  die man täglich abkochen müsse. In den Lokalmdien wird auch  darüber berichtet, vor welche Probleme das Abkochgebot die  Gastronomie und die Großküchen stelle. In Pflegeheimen seien  Salatteller von der Speisekarte gestrichen worden, weil man in den  dortigen Küchen nicht die Kapazität hätte, auch noch  Salatwaschwasser vorsorglich abzukochen. 
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Stadtwerke  verweigern  Einsichtnahme  
in die Analysenergebnisse 
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Ein  sehr beunruhigter Bürger hatte sich auf Grund der Keimbelastung des  Trinkwassers in Schwenningen an uns gewandt und über die  Stadtwerke Villingen-Schwenningen beschwert. Die Stadtwerke hätten  ihm eine Einsichtnahme in die Analysenergebnisse verweigert –  mit folgender Begründung: 
      
        „Ein  Anspruch auf Veröffentlichung der Sonderbeprobungen ist aus unserer  Sicht nicht vorgesehen. Wir bitten um Verständnis, dass wir in der  derzeitigen Situation, in der wir vorrangig daran arbeiten, die  normale Versorgungssituation wieder herzustellen, Einzelanfragen  nicht nachkommen können.“ 
       
      Der  nach eigenen Angaben „wütende“ Bürger wollte von uns  wissen, ob er ein Recht auf Einsichtnahme in die Analysenergebnisse  hat? Wir haben dem Bürger u.a. mitgeteilt, dass er sich mit seinem   Wunsch nach Einsichtnahme in die Analysenergebnisse gegenüber dem  Gesundheitsamt auf das baden-württembergische Umweltverwaltungsgesetz § 24  (siehe  Kasten) berufen könne.  
      
        
          
            
              
               
            Baden-württembergisches Umweltverwaltungsgesetz (UVwG) vom  
              25. November 2014              
             § 24 Zugang zu  Umweltinformationen 
(1) Jede Person hat nach  Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu  Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige  Stelle im Sinne von §  23 Absatz 1 verfügt, ohne ein rechtliches  Interesse darlegen zu müssen. (…)  
 (2) Der Zugang kann durch  Auskunftserteilung, Gewährung von Akteneinsicht oder in  sonstiger Weise eröffnet werden. Wird eine bestimmte Art des  Informationszugangs beantragt, so darf dieser nur aus  gewichtigen Gründen auf andere Art eröffnet werden. Als  gewichtiger Grund gilt insbesondere ein deutlich höherer  Verwaltungsaufwand. (…) 
 (3) Soweit ein Anspruch nach  Absatz 1 besteht, sind die Umweltinformationen der antragsstellenden  Person unter Berücksichtigung etwaiger von ihr angegebener  Zeitpunkte, spätestens jedoch mit Ablauf der Frist nach Satz 2  Nummer 1 oder Nummer 2 zugänglich zu machen. Die Frist beginnt  mit Eingang des Antrags bei der informationspflichtigen Stelle, die  über die Informationen verfügt, und endet 
  1. mit Ablauf eines Monats  oder 
  2. soweit Umweltinformationen  derart umfangreich und komplex sind, dass die in Nummer 1 genannte  Frist nicht eingehalten werden kann, mit Ablauf von zwei Monaten. 
 [Die anderen Bundesländer  haben ähnlich lautende Bestimmungen.] 
 
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      Ferner könne er sich  auch direkt an die Stadt Villingen-Schwenningen wenden, da diese nach  § 24 ebenfalls auskunftspflichtig ist – weil die Stadt die  "Kontrolle" im Sinne von § 23 UVerwG (siehe Kasten) über die Stadtwerke ausübt. 
      
        
          
              
              § 23 Allgemeine  Bestimmungen 
            (1) Informationspflichtige  Stellen sind 
             (…) natürliche oder  juristische Personen des Privatrechts, soweit sie öffentliche  Aufgaben wahrnehmen oder öffentliche Dienstleistungen erbringen, die  im Zusammenhang mit der Umwelt stehen, insbesondere solche der  umweltbezogenen Daseinsvorsorge, und dabei der Kontrolle des  Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der Landkreise oder  einer unter der Aufsicht des Landes, der Gemeinden,  Gemeindeverbände oder der Landkreise stehenden juristischen Person  des öffentlichen Rechts unterliegen. 
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              Keimbelastung  wegen Klimawandel  
              oder wegen der Gülle-Düngung? 
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Der  oben erwähnte Bürger zeigte sich zudem davon überzeugt, dass die  Keimbelastung nicht auf den Klimawandel, sondern auf die Gülledüngung  im Einzugsgebiet der Entnahmebrunnen der Stadtwerke  zurückzuführen sei. Dazu haben wir folgendes geschrieben: 
        „….  beim üblichen Test auf coliforme Keime kann man nicht erkennen, ob  die Keime güllebürtig sind. Die Einsichtnahme in die  Original-Analysenbögen wird Ihnen somit nicht weiterhelfen, Ihren  Verdacht zu verifizieren. Um zu eruieren, ob die Düngung mit Gülle  eine Ursache für die Keimbelastung sein könnte, müsste man sich  mal die Wasserschutzgebietsverordnung für die betreffenden  Entnahmebrunnen der Stadtwerke anschauen und sich ansehen, welche  landwirtschaftlichen Praktiken in den Wasserschutzzonen II und III  und ggf. im darüber hinaus gehenden Einzugsgebiet der Brunnen  von Statten gehen. Findet in den Wasserschutzzonen bzw. im  Einzugsgebiet tatsächlich eine (exzessive) Gülledüngung  statt? 
        Nach  der Trinkwasserverordnung ist das zuständige Gesundheitsamt  verpflichtet, das Wasserwerk nicht nur auf die Einhaltung der  Hygienestandards zu prüfen - das Gesundheitsamt muss sich nach § 18  (2)  der Trinkwasserverordnung auch in den Schutzzonen bzw.  in der ‚Umgebung‘ der Wasserfassungen umsehen. Sie  können also fragen, ob dazu entsprechende Berichte vorliegen  und ob bei der Inspektion der Schutzgebiete eine (exzessive)  Düngegüllung als mögliches Risiko identifiziert worden ist. 
        Für  die Ausweisung der Wasserschutzgebiete wird in der Regel ein  hydrogeologisches Gutachten erstellt. In diesem Gutachten wird  auch dargelegt, wie es mit der Mächtigkeit und Schutzwirkung der  Deckschichten aussieht. Darauf basierend kann abgeschätzt  werden, inwieweit die Möglichkeit besteht, dass güllebürtige und  andere Keime bis ins Grundwasser - und damit in das Rohwasser  der Stadtwerke – ‚durchbrechen‘ können. 
        Für  die Ausweisung der Wasserschutzgebietsverordnung ist in der  Regel die Obere Wasserbehörde - also das Regierungspräsidium  Freiburg - zuständig. Die Wasserschutzgebietsverordnungen werden in  die ‚Wasserbücher‘ eingetragen, die öffentlich zugänglich  von den Landratsämtern geführt werden.“ 
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       Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet
            regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge.
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