aktualisiert:
28. Oktober 2020

 

 

 

 

 

 

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WasserInBürgerhand!

BBU-Wasserrundbrief, 13. Oktober 2020

Novelle des NRW-Landeswassergesetzes
im Zeichen der Deregulierung

 

Kurz vor der Sommerpause 2020 hat das nordrhein-westf älische Umweltministerium den Entwurf für eine Neufassung des nordrhein-westfälischen Landeswassergesetzes (LWG) veröffentlicht. Die Änderungen umfassen unter anderem:

  • Die Befristung bei gehobener Erlaubnis und der Zulassung von Anlagen in, an, unter und über Gewässern wird gestrichen.
  • Alle gegenüber dem Wasserhaushaltsgesetz weitergehenden Vorschriften zu Gewässerrandstreifen werden gestrichen.
  • Das Vorkaufsrecht für Flächen an Gewässern wird gestrichen.
  • Das Abgrabungsverbot in Wasserschutzgebieten entfällt.
  • Die Festsetzung von Gebieten, die als rückgewinnbare Gebiete für die Hochwasserentlastung und Rückhaltung beansprucht werden und nicht aktuell der Hochwasserentlastung und Rückhaltung dienen, entfällt.

Ein sehr positives Presseecho fand die künftig klarer formulierte Privilegierung der Öffentlichen Wasserversorgung vor anderen Entnahmen. Die Euphorie hierüber erfasste auch die großen nordrhein-westfälischen Wasserverbände: Einer der Verbände legte die geplante neue Fassung z.T. so aus, dass auch die Natur hinter der Trinkwassernutzung zurückzustehen habe. De facto sind solche Fälle bekannt – einer ist derzeit vom BUND NRW beklagt. Gesetzlich geregelt werden soll das immerhin auch in Zukunft nicht.

Der Rest der vorgesehenen Neuerungen im Landeswassergesetz (LWG) stieß in der Presse nicht auf Interesse oder wurde schlicht nicht verstanden. Das Landesbüro der nordrhein-westfälischen Naturschutzverbände hatte eine sehr gut begründete Stellungnahme abgegeben, die aber keinerlei Beachtung im Verfahren fand. Eine Anhörung fand zwar statt, die Umstände – Einladung zwei Tage vor dem Termin, kein Eingehen auf Sachargumente - wurden aber von den 51 zu beteiligenden Stellen z.T. mit Befremden kommentiert.

In der Begründung für mehrere der genannten Gesetzesänderungen kann nachgelesen werden, dass damit die Forderung des Koalitionsvertrags von CDU und FDP nach Deregulierung und Rückabwicklung des LWG 2016 umgesetzt werden soll. -mr-

Der Entwurf der LWG-Novelle vom 29.06.20 findet sich unter:

https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-9942.pdf

Die Landtagsanhörung soll im Nov. 2020 stattfinden. Weitere Auskunft zur ausführlichen Stellungnahme des Landesbüros der nordrhein-westfälischen Naturschutzverbände vom Nov. 2018 zum damals vorliegenden Entwurf der Novelle gibt es via

E-Mail: info@lb-naturschutz-nrw
Tel.: 0208/88059-0

 

NRW-LWG-Novelle:
Kein Beitrag zur Bewältigung
der Wasser- & Klimakrise
 

Die o.a. Liste der Grausamkeiten ist angesichts der Tatsache, dass derzeit der dritte Bewirtschaftungsplan nach Wasserrahmenrichtlinie aufgestellt wird, völlig unverständlich: Das Land NRW hat aufgrund der Bevölkerungsdichte, seiner Bergbau- und Industriegeschichte sowie der intensiven Landwirtschaft noch vieles an den Gewässern gut zu machen. Die bisherigen Fortschritte bei Grundwasserschutz und Oberflächengewässersanierung sind, euphemistisch formuliert, „überschaubar“. Unter diesen Randbedingungen erneut in erster Linie die Wirtschaft zu hofieren, ist ein Schritt zurück in die Vergangenheit und mit den europäischen Richtlinien und dem Wasserhaushaltsgesetz nicht vereinbar.

Befristungen aufzuheben erschweren es dem Vollzug, die Zulassung an neue, z.B. klimawandelbedingte Gegebenheiten, anzupassen. Gewässerrandstreifen zu reinen Stoffschutzstreifen zu degradieren, führt nicht zu Fortschritten beim Gewässer- und Naturschutz. Mit dem jetzt gestrichenen Vorkaufsrecht an Gewässergrundstücken sollte dem sattsam bekannten Problem der fehlenden Flächenverfügbarkeit an Gewässern begegnet werden. Die Lobby der Kiesindustrie hat bei der Aufhebung des Abgrabungsverbots in Wasserschutzgebieten ganze Arbeit geleistet. Nicht für den Hochwasserschutz festgesetzte rückgewinnbare Flächen werden nicht rückgewonnen, sondern bebaut.

Vorrang für die Trinkwassernutzung klingt zunächst positiv. Für sich genommen stellt das keinen intelligenten Umgang mit der Ressource Wasser dar. „Bewirtschaften“ heißt auch Haushalten. Hausgehalten wird hier nicht. Trotz seit 30 Jahren sinkender Grundwasserneubildung genehmigen die Kreise weiterhin planlos Wasserentnahmen für Landwirtschaft und Industrie.

Offenbar fehlt der Landesregierung der politische Wille zu einer zukunftsorientierten Novelle. Wenn der Landesvater auf der einen Seite dem Erhalt der Artenvielfalt – politisch opportun – das Wort redet und auf der anderen Seite im Wasserrecht Rückschritte propagiert, wirkt das wenig glaubwürdig. Die Begründungen zum Gesetzestext sind größtenteils selbsterklärend: Es geht nicht um sachlichen Änderungsbedarf, schon gar nicht um die gesetzliche Unterstützung der großen europäischen Aufträge zum Gewässerschutz, zum Hochwasserrückhalt und zum Artenschutz, sondern um rein politische Motive. Mit dem so deregulierten Landeswassergesetz wird NRW im weiteren Verlauf der Klima- und Wasserkrise kaum bestehen können. -mr-

 


Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.
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