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	       14. Oktober 2022 
	      
	    
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      BBU-Wasserrundbrief Nr. 1194, 28. August 2022 
        
      
        
      
        
      
        
      
        
      
        
      
      
      
      
      
      
      
      
      
      Klimakrise:  
      Wenn´s  Grundwasserprobleme 
      gibt,  
      sind sie kommunikativ 
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        Im Mainstream von Medien,  Politik, Öffentlichkeit und Umweltverbänden dominiert die  Erwartungshaltung, dass in Folge der Klimakrise die  Grundwasserressourcen fortschreitend schrumpfen werden (s.  beispielsweise RUNDBR. 1194/1-2).  
      Im völligen Kontrast zu der  vermeintlichen Gewissheit über tendenziell immer weiter  zurückgehende Grundwasserpegel standen die Modellberechnungen, die  am 15. Juni 2022 auf einem online-Symposium des Deutschen Vereins für  Gas- und Wasserwirtschaft (DVGW) vorgestellt worden sind. Auf dem  Symposium war alles versammelt, was in der deutschen  Hydroklimatologie Rang und Namen hat. Dass die Veränderungen in der  Grundwasserneubildung für die Wasserwerker größte Aktualität  haben, wurde u.a. daran erkenntlich, dass über 300 Teilnehmende die  virtuelle Konferenz verfolgt haben.  
      Aber von grundlegenden  Veränderungen könne gar nicht ausgegangen werden – so der Tenor  der  Fachvorträge. Für NRW wurde beispielsweise festgestellt, dass  sich aus den Projektionen „kein robustes Änderungssignal“ in Richtung einer zurückgehenden Grundwasserneubildung  herausdestillieren lasse. Tatsächlich sei es so, dass  
      
        „die  Analysen im Mittel auf ein Niveau der Grundwasserneubildung am Ende  des 21. Jahrhunderts hindeuten“ würden, „welches ungefähr  dem derzeitigen Referenzniveau“ entsprechen würde.  
       
      Und auch  für Süddeutschland wurde in einer weiteren Analyse festgestellt:  
      
        „Im Mittel bliebe die Grundwasserneubildung in der nahen und der  fernen Zukunft quasi unverändert.“ Allerdings wurde auch  eingeräumt „Die zukünftige Entwicklung der Niederschlagsmenge  und insbesondere der Grundwasserneubildung sei unsicher“.   
       
      Deshalb wäre man auf der sicheren Seite, wenn man sich an den   jüngsten Trockenjahren seit 2003 und an den „pessimistischeren  Projektionen“ orientieren würde.  
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Höhere Verdunstung wird  vermehrte 
Winterniederschläge nicht auffressen 
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Gegen die Aussage einer  gleichbleibenden oder gar zunehmenden Grundwasserneubildung wird  öfters eingewandt, dass die prognostizierte Zunahme von  Starkniederschlägen eher nicht zu einer erhöhten  Grundwasserneubildung beitragen wird. Denn bei „Wolkenbrüchen“  würde es vor allem bei ausgetrockneten Böden zu einem erhöhten  Abfluss in Bächen und Flüssen kommen – während ins Grundwasser  nur wenig Regenwasser vordringen dürfte  
        Diesbezüglich wird  gekontert, dass sich Starkniederschläge vor allem im Sommer  abspielen werden. Und im Sommerhalbjahr käme es wegen des  Wasserbedarfs der Vegetation ohnehin kaum zu einer  Grundwasserneubildung. Entscheidend für die Grundwasserneubildung  sei die vorhergesagte Zunahme der Niederschlagsmengen im  Winterhalbjahr. Hinzu komme die Erwartung, dass die Tage mit Frost  abnehmen werden, was wiederum die Grundwasserneubildung durch die  bessere Infiltration von Regenwasser fördern wird.  
        Für die  mittleren und wahrscheinlicheren Projektionen sei maßgeblich, dass  die zunehmende Verdunstung die vorausgesagte Zunahme der  Niederschläge „nicht auffressen“ würde. Somit seien  signifikante Änderungen in der künftigen Grundwasserneubildung „nicht ableitbar“.  
        Allenfalls könne man davon ausgehen,  dass in einer langjährigen Betrachtung die jährliche  Grundwasserneubildung und die mittleren Abflüsse in den meisten  Regionen Deutschlands „leicht zunehmen“ werden. Das Fazit  von Dr.-Ing. Andreas Marx vom Helmholtz-Umweltforschungszentrum in  seinem Vortrag „Aktuelle Ergebnisse der Klimafolgenstudie für  das DVGW-Zukunftsprogramm Wasser“:  
        
           „Bis zur Mitte des  Jahrhunderts [das ist der  relevante  Zeitraum, in dem die Wasserentnahmerechte  für die Wasserwerke ablaufen werden; Anm. BBU] sind die  Änderungen klein und es sind keine signifikante Änderungen  erwartbar.“ 
         
        
          
            
              
                
                Was ist die Basis für  die Berechnung   
                der künftigen  Grundwasserneubildung? 
 Wie für viele andere  Berechnungen zur künftigen Entwicklung der Niederschläge liegen  auch den UFZ-Projektionen „Repräsentative Konzentrationspfade“  (Representative Concentration Pathways – RCPs; auch „Emissionsszenarien“ genannt)  zugrunde. Um die mögliche  Spannbreite künftiger Entwicklungen zu erfassen, werden hierfür in  der Regel ein vergleichsweise noch optimistischer und auf der anderen  Seite ein pessimistischer „Konzentrationspfad“ ausgewählt. Beim RCP 2.6 („Klimaschutz-Szenario“) wird davon ausgegangen,  dass die weltweite Temperaturzunahme bis zum Jahr 2100 auf 1,7 Kelvin  begrenzt werden kann.  
Beim RCP 8.5 („Weiter-wie-bisher-Szenario“) wird eine Temperaturzunahme von 4,8 Kelvin erwartet. In Modellketten  wird von regionalisierten Temperaturzunahmen auf die Zu- oder Abnahme  des Niederschlags und der Verdunstung und damit dann auf die  Grundwasserneubildung und den Abfluss in den Flüssen geschlossen –  wobei von Schritt zu Schritt die Unsicherheiten zunehmen. Aufgrund  der immer größer werdenden Fehlerbreite steht am Ende dieser  Modellketten dann ein breitgefächerter „Blumenstrauß“ bzw. eine  große Bandbreite möglicher Entwicklungen. Deshalb werden ganze  „Ensemble“ (also sehr viele Modellketten gerechnet), um dann die  wahrscheinlichste Entwicklung für die „nahe Zukunft“ (bis  2050) und die “ferne Zukunft“ (bis 2100) festlegen zu  können.  
Ein maßgeblicher Aspekt aller Projektionen ist die Annahme, dass bei steigenden Temperaturen auch der Winterniederschlag  zunehmen wird – denn je wärmer die Atmosphäre wird, desto  mehr Wasser kann sie aufnehmen. Und irgendwo muss das viele Wasser  wieder abregnen. Deshalb ergibt sich bei den auf RCP 8.5 basierenden  Projektionen ein höherer Abfluss als in den Projektionen, denen RCP  2.6 zugrunde gelegt wurde. Mehr zu den RCP-Details beispielsweise  unter: 
 https://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php/RCP-Szenarien 
 Und mehr dazu, wie die  Projektionen zustande kommen, kann man auch auf dem 7.  KLIWA-Symposium am 14. und 15. Sept. in Ingelheim – oder am  Bildschirm erfahren. Das Programm zur hybriden Veranstaltung „Zu  wenig | zu viel – Wasserwirtschaft zwischen Trockenheit und  Starkregen“ gibt es unter https://www.kliwa.de/veranstaltungen-symposium2022.htm 
 
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Künftige  Grundwasserneubildung:  
Dynamiker gegen Statistiker 
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        Auf dem DVGW-Kongress wurde  einmal mehr offenkundig, dass sich bei den Voraussagen über die  künftige Grundwasserneubildung die AnhängerInnen von dynamischen  oder physikalischen Modellierungen einerseits und die VertreterInnen  statistischer Auswertungen andererseits gegenüberstehen.  
        Die  „Statistiker“ schauen sich an, wie sich die Niederschläge, die  Abflüsse und  die Verdunstung – und damit die  Grundwasserneubildung - seit etwa 1950 geändert haben. Länger in  die Vergangenheit zurückreichende Zeitreihen sind leider verlässlich  nicht verfügbar. Aber wenn man sich mal für Bayern die  Winterniederschläge für die letzten 20 Jahre anschaue, könne man  keine Zunahme erkennen, so die Argumentation der „Statistiker“.  Zudem gestanden die „Statistiker“ „Bauchgrimmen“ gegenüber  der Annahme ein, dass sich bis 2050 bei den  Grundwasserneubildungsraten im Durchschnitt nichts Wesentliches  ändern würde.  
        Dagegen äußerten sich diejenigen, die mit  physikalischen bzw. dynamischen  Modellierungen arbeiten,  despektierlich über die „Statistiker“: Sich beispielsweise nur  Zeitreihen über 20 oder 30 Jahre anzuschauen, sei nicht hinreichend,  um plausible Annahmen über die weitere Entwicklung der Niederschläge  abzuleiten.  
        Die Auseinandersetzung zwischen „Statistikern“ und  Modellierern kam auch in der Frage zu Geltung, welchen Stellenwert  die Projektionen bei der Vergabe von Grundwasserentnahmerechten  für Wasserversorger haben sollten. Die Statistiker plädierten  dafür, einen „Klima- bzw. Dürreabschlag“ vorzunehmen.  Man solle sich vorsichtigerweise am unteren Rand der  Niederschlagsprojektionen orientieren. Dagegen argumentieren die  Modellierungs-AnhängerInnen, dass sich in einer langjährigen  Betrachtung Dürre- und Nassjahre wieder ausgleichen würden:  
        
           „Warum soll man dann die  pessimistische Betrachtung zugrunde legen? Wenn ich mich am ‚trockenen Rand‘ orientiere, dann sorge ich für  Fehlentwicklungen. Weil ich dann beispielsweise zur  Sicherstellung der Versorgungssicherheit alles in die  Ausweitung von Fernwasserverbünden steuern muss. Das ist nicht nur  teuer, sondern auch nicht resilient“, 
         
        lautete  beispielsweise die Argumentation von Andreas Marx, dem Leiter des  UFZ-Dürremonitors in Leipzig. 
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            Grundwasserneubildung:   
            Statistiker im kommunikativen Vorteil 
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          Gegenüber der Öffentlichkeit  sind die „Statistiker“ im kommunikativen Vorteil. Gefühlt ist  jede/r der Meinung, dass es nicht nur immer heißer, sondern auch  immer trockener wird. Und wer sich die „Wasserberichterstattung“  der Medien im Sommer 2022 anschaut, bekommt den Eindruck vermittelt,  dass alles immer schlimmer wird. Insofern hatten wir auf dem  DVGW-Kongress gefragt, wie es denn die Modellierer in der  Kommunikation gegenüber den WasserverbraucherInnen  angesichts des  Mainstreams  durchstehen wollen, dass die Grundwasserneubildungsraten  trotz eskalierender Klimakrise im Schnitt stabil bleiben werden. Die  Antwort von Dr. Wolf Merkel, dem für Wasser zuständigen  DVGW-Vorstand:  
        
           „Wenn wir die  kommunikative Herausforderung nicht lösen, besteht die Gefahr, dass  wir an Glaubwürdigkeit verlieren werden.  Für eine sachgerechte Kommunikation scheint niemand über ein  Patentrezept zu verfügen.“ 
         
        Eine  weitere Stimme auf dem DVGW-Kongress: 
        
           „Wir sollten die  Komplexizität so komplex darstellen, wie sie ist!“ 
         
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                Mehr  Winterniederschläge:  
                „Auch Trinkwassertalsperren profitieren!“ 
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          Die  offizielle Zusammenfassung des zuvor genannten DVGW-Kongresses vom  15. Juni 2022 zur Entwicklung der künftigen  Grundwasserneubildungsraten kann in der August-Ausgabe 2022 der  energie | wasser-praxis (ewp) nachgelesen werden. Unter dem Titel  „Zur Entwicklung des Wasserdargebotes im Kontext des  Klimawandels – Ergebnisse des Forschungsprojektes  ‚UFZ-Klimafolgenstudie‘ für das DVGW Zukunftsprogramm  Wasser“ (S. 16 – 21) vertreten Andreas  Marx et al. erneut die These, dass die steigende Verdunstung  die zunehmenden Winterniederschläge nicht überkompensieren wird.  Denn die „tatsächliche Verdunstung“ in Deutschland sei  bisher energielimitiert. Das werde sich künftig ändern: 
       „Bei abnehmenden  Sommerniederschlägen und regelmäßig unter Klimawandel stärker  austrock-nenden  Böden in der Vegetationsperiode II (Juli bis September) tritt  zukünftig jedoch vermehrt eine Wasserlimitierung der Verdunstung auf.“ 
      Soll  heißen: Die Sonne kann noch so heiß vom Himmel runter brennen -  wenn oberflächennah kein Wasser mehr vorhanden ist, kann auch kein  Wasser mehr verdunsten. Demgegenüber würde die Zunahme der  Winterniederschläge nicht nur zu einem größeren Abfluss in den  meisten Flüssen führen, sondern im Jahresschnitt auch zu einem verstärkten Zufluss in die Trinkwassertalsperren. Auch die  Grundwasserneubildungsraten würden von der Zunahme der  Winterniederschläge profitieren (vgl. RUNDBR.: 846/2). Marx und  Kollegen sind davon überzeugt, dass sie mit ihrer Studie den  Wasserversorgern „eine robuste Entscheidungsbasis“ geliefert hätten. Für weitere Auskünfte zur „wahrscheinlichsten  Entwicklung“ der künftigen Grundwasserneubildung können sich  RUNDBR.-LeserInnen wenden an: 
      Dr.  Andreas Marx – Leiter des Deutschen Dürremonitors am  Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig 
      E-Mail: andeas.marx@ufz.de 
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      „Jede Dürre geht wieder  vorbei!“  | 
     
  
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          Ebenfalls in der ewp 8/2022  findet sich ein Interview mit Dr. Andreas Marx und Dr. Wolf Merkel  über die Wasserdargebotsprognosen in Zeiten der Klimakrise. Unter  der Überschrift „In den meisten Regionen Deutschlands erwarten  wir stabile Verhältnisse bei der Grundwasserneubildung“ (S. 22  – 29) nehmen die beiden Interviewpartner u.a. auch Stellung zu dem  oben genannten Kommunikationsproblem. So betont Marx, 
        
           „dass eine Dürre ein  Extremereignis darstellt und damit auch  wieder vorbeigehen wird. Leider wird die  aktuelle Dürre aufgrund der fehlenden Erfahrung in der allgemeinen  Wahrnehmung und zum Teil auch in der  medialen Kommunikation mit einen neuen  Normalzustand gleichgesetzt. Hier muss man ganz klar sagen: Das ist  so nicht zu erwarten.“   
         
        Marx  unterstreicht ferner, dass Deutschland auch „zukünftig (…)  ein wasserreiches Land sein“ wird. Marx räumt ein, dass  mehrjährige Dürrephasen wahrscheinlicher werden. Deshalb sollten  zur Abdeckung des dann entstehenden Wassermehrbedarfs die  Wasserentnahmerechte der Wasserversorger „angepasst und  ausgeweitet“ werden. 
        
           „Leider beobachten wir  aktuell eher das Gegenteil: Behörden  beschneiden bestehende Rechte mit dem Hinweis auf erforderliche  Klimawandelabschläge (…).“ 
         
        Falls  die Behörden tatsächlich (unsinnigerweise) die Wasserentnahmen  einschränken sollten, plädiert der UFZ-Wissenschaftler in dann  drohenden Wassermangellagen für „eine Priorisierung der  wichtigsten Wassernutzer“. Im Extremfall benötige man eine „Hierarchie der Nutzungsbeschränkungen“. 
        
          „Dieser  Prozess wird möglicherweise mit großen Diskussionen verbunden sein  und ich halte es für sehr ratsam, diese Diskussion jetzt zu führen  und nicht erst in zehn oder fünfzehn Jahren.“   
            
         
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       Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet
            regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge.
            Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern. 
        
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