aktualisiert:
14. Oktober 2022

 

 

 


 

 

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BBU-Wasserrundbrief Nr. 1194, 26. August 2022

 

Mikroplastik:
Essen wir jede Woche tatsächlich eine Scheckkarte?

 

Kaum ein Mikroplastik-Artikel in Populärmedien kommt ohne den Hinweis aus, dass man wöchentlich (!) das Äquivalent einer Scheckkarte (also "bis zu" fünf Gramm Mikroplastik) intus bekäme. Diese Angabe geht auf eine vom WWF in Auftrag gegebene australische Studie („Scheckkartenstudie“) zurück. Mehr zu der im Jahr 2019 publizierten Studie unter:

https://www.newcastle.edu.au/newsroom/featured/plastic-ingestion-by-people-could-be-equating-to-a-credit-card-a-week

In dem WWF-Hintergrundpapier „Mikroplastik in der Umwelt“ (44 S.; Stand Nov. 2020) wird auf S. 25 das „Fünf-Gramm-pro-Woche“-Postulat aber inzwischen stark relativiert:

Dies ist jedoch ein grober globaler, durchschnittlicher Schätzwert, basierend auf Studien mit unter­schiedlicher methodischer Vorgehensweise und ohne Einbeziehung regionaler Unterschiede wie individuelle Ernährungsgewohnheiten und Lebensumstän­de.“

Aber ist es tatsächlich so, dass wir jede Woche im globalen Durchschnitt fünf Gramm Mikroplastik in unseren Körper aufnehmen? Wir haben uns mal bei Leuten umgehört, die Bescheid wissen. Das Ergebnis: Die australischen Wissenschaftler hatten sich die bis zum Jahr 2018 verfügbare Literatur angeschaut. Damals gab es aber nur „spektroskopische Verfahren“: Man hat also in einem ersten Schritt versucht, die „Stückzahl“ der vorhandenen Mikroplastikpartikel festzustellen, um dann in einem zweiten Schritt aus der Stückzahl die Masse der aufgenommenen Mikroplastikpartikel zu errechnen. Aber im Statusbericht des Bundesforschungsministeriums zum Mikroplastik – siehe:

https://bmbf-plastik.de/de/publikation/statuspapier-mikroplastik-analytik -

wird ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass eine Umrechnung von Partikelanzahl in Masse bis auf Weiteres gar nicht möglich ist: Vor allem wegen der verschiedenen Geometrien und auch der unterschiedlichen Dichten der Partikel. Darüber hinaus reicht für eine derartige Umrechnung die alleinige Zahl der erfassten Partikel ohnehin nicht aus. Man bräuchte zum einen die genaue Partikelvertei-lung in einer Probe - und dann aber auch noch die Form (rund, eckig, faserförmig, what ever …) um die einzelnen Volumina – um dann weitergehend deren Masse - zu berechnen. In der australischen Studie wurde einfach eine mittlere Dichte der Partikel von 1 angenommen. Im Fazit der Studie wird darauf basierend eine Bandbreite für die POTENTIELLE Aufnahme von 0,1 – 5 Gramm angegeben.

Übrig geblieben ist in den Zeitungs- und Zeitschriftenaufsätzen, die der Mikroplastikproblematik gewidmet sind, die eingängige und immer neu wiederholte Behauptung: Wir essen jede Woche das Äquivalent von einer Scheckkarte an Mikroplastik. Diese Wiedergabe der australischen „Scheckkartenstudie“ ist – in dem Fall erfreulicherweise – ohne Hand und Fuß!

Warum man auch die sonstigen auf dem Markt gehandelten „Mikroplastikstudien“ den Hasen geben kann, ist schon mehrmals im RUNDBR. erläutert worden (s. 1154/4, 1085/1-2).

Zur Klarstellung: Der Hinweis auf die weiterhin bestehenden Unzulänglichkeiten bei der Probenahme und Analytik von Mikroplastik soll keinesfalls die Notwendigkeit in Frage stellen, den gigantischen Eintrag von (Mikro-)Plastik in die (aquatische) Umwelt signifikant zu reduzieren! Es geht darum, einen realistischen Blick auf die fragwürdige Zuverlässigkeit der wuchernden Mikroplastikstudien zu ermöglichen.

 


Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.
Clip-Fisch 2

 
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