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	       16. Oktober 2023 
	      
	    
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      BBU-Wasserrundbrief Nr. 1208, 30. September 2023 
        
      
        
      
        
      
        
      
        
      
        
      
      
      
      
      
      
      
      
      
      
      
      
      
      
      
      
      
      Derzeitiges System der Abwasserentsorgung   
      „nicht zukunftsfähig“ 
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          Als „nicht zukunftsfähig“ wird seit Jahren an der Eidgenössischen Hochschule (ETH) Zürich  unser derzeitiges System der Abwasserentsorgung eingestuft. In dem  Aufsatz „ETH Zürich: Andere Wege für das Abwasser“ vom  Juli 2023 listen gleich drei AbwasserexpertenInnen noch einmal alle  Gründe auf, warum man das derzeit praktizierte System als antiquiert  einstufen muss.  
        
          „Dass  wir Kot, Urin und leicht verschmutztes Grauwasser aus Bad und Küche  mit Trinkwasser verdünnen, um sie durch die Kanalisation zu  transportieren, ist eigentlich absurd. (…) Das Abwasser ist einer  der letzten linearen Abfallströme. Alles, ob schmutzig oder sauber,  landet im selben Topf und wird entsorgt – das ist ineffizient und  schafft etliche Probleme, die man seit Jahren zu beheben sucht. Unter  anderem verschwendet das System viel Wasser, Energie und wertvolle  Nährstoffe, die verloren gehen und die Umwelt schädigen, wenn wir  sie nicht in den Kreislauf zurückführen,“ 
           
        werden  die Professoren Max Maurer, Kai Udert und Elizabeth Tilley in dem  Aufsatz zitiert. Die Abwasserfachleute der ETH – genauer gesagt der  EAWAG – fordern eine Trennung der abwasserbürtigen Stoffströme  und eine dezentrale Aufbereitung der Abwasserinhaltsstoffe sowie eine  Nutzung des stofflichen und thermischen Energiegehalts des Abwassers.  Netzunabhängige Sanitärlösungen jenseits der bei uns üblichen  Schwemmkanalisation müssten ins-besondere auch im Globalen Süden  zur Anwendung gebracht werden.  
        Bedauerlich für die  WissenschaftlerInnen ist, dass die an den ETH-Instituten über viele  Jahre hinweg aufgebaute Lösungskompetenz in der Praxis (siehe  nächste Notiz) kaum genutzt würden. Nötig wäre demgegenüber „ein  konzertierter Effort von Forschung, Industrie und öffentlichem  Sektor, um in Pilotprojekten die Machbarkeit zu demonstrieren und  einen initialen Markt zu schaffen“. Der Aufsatz kann in dem  ETH-Wissenschaftsmagazin Globe  2/2023 unter 
            https://ethz.ch/content/dam/ethz/main/news/globe/Web/2023/Globe2302_Wasser.pdf 
          nachgelesen  werden.  
        Weitere Aufsätze in Globe 2/23 beschäftigen sich mit den Zielkonflikten bei der Wasserkraftnutzung sowie mit der  Belastung der Gewässer durch Chemikalien und Mikroplastik. Dabei  werden die bislang kaum diskutierten indirekten Effekte der  Mikroplastikbelastung thematisiert. So könnten sich die kleinen  Kunststoffteilchen mit Algen „verklumpen“, was die  Sedimentationsrate der Algen erhöhen könnte. Theoretisch könnte  Mikroplastik damit die Nährstoffflüsse in den Gewässern  beeinflussen.  
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Warum  die Trennung in Schwarz-  
und Gelbwasser in der Praxis scheitert 
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          In einem geplanten  Neubaugebiet im württembergischen Rutesheim sollte das dort  anfallende Abwasser maximal wiederverwertet werden – so zumindest  die ursprüngliche Wunschvorstellung des Gemeinderates. Im August  2023 hat der Gemeinderat jedoch Abstand von ambitionierten  Wiederaufbereitungsverfahren genommen. Der Ort hat keine einzige  Wasserquelle. Alles Trinkwasser bezieht Rutesheim über einen  Zweckverband. Um künftig zumindest etwas autarker zu werden, hatte  der Gemeinderat auf einer Klausurtagung im vergangenen November  beschlossen, eine Machbarkeitsstudie in Auftrag zu geben. Die Studie  sollte untersuchen, wie die Abwässer der zukünftigen neuen Siedlung „hochwertig“ wiederverwertet werden könnten.  
        Ernüchtert  von den Ergebnissen der Studie haben Gemeinderat und Verwaltung jetzt  beschlossen, dass in dem Neubaugebiet weder die Nutzung von Schwarz-  und Gelbwasser noch die von Grauwasser weiterverfolgt wird. Lediglich  das Regenwasser soll hier gesammelt werden, um die privaten und  öffentlichen Grünflächen in dem Gebiet zu bewässern. Das  beauftragte Ingenieurbüro hatte u.a. vorgeschlagen, mit einer an den  Hauswänden wachsenden Fassadenbegrünung das anfallende Grauwasser  zu reinigen. Dazu sollte das Substrat, in dem die Kletterpflanzen  wurzeln, mit Pflanzenkohle (s. RUNDBR. 1028/4, 1026/2) dotiert  werden. Doch schon hier sagten Räte und Verwaltung eindeutig Nein.  Denn das sich noch im  Forschungsstadium befindliche System brauche  noch mehrere Jahre bis zur Marktreife. Zudem seien die geschätzten  Kosten von 4000 Euro pro Bewohner der Neubausiedlung kaum akzeptabel.  Zur Diskussion stand auch eine „herkömmliche“ Aufbereitung des  in Küche, Dusche und Waschmaschine anfallenden Grauwassers. Das  zentral aufbereitete Grauwasser hätte dann die Toiletten in dem  Neubaugebiet mit Spülwasser versorgen sollen. 
        
          „Aber  es einsteht ein Überschuss an gereinigtem Grauwasser, der im  Abwasserkanal landet. Der Grund: Es entsteht viel mehr Grauwasser  beim Duschen und Händewaschen, als in der Toilette verwendet werden  kann,“ 
         
        berichtete  die Leonberger Zeitung  am 28.08.23 über die Hemmnisse des Ecosan-Projektes.  
        
          „Es  wäre aus Umweltgesichtspunkten eine sinnvolle Sache, aber leider ist  es auch eine erhebliche finanzielle Belastung für die Bauträger und  die späteren Bewohner, ohne dass diese einen erkennbaren Vorteil  daraus hätten“,   
         
        so  das Fazit von Bürgermeisterin Susanne Widmeier. 
        Die  zunächst ebenfalls beabsichtigte getrennte Erfassung von Schwarz-  und Gelbwasser über Separationstoiletten  nebst  Biogasanlage hätte  erst recht den noch zumutbaren Kostenrahmen gesprengt. 
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Braun gefärbtes  Regenwasser  
für WC-Spülung als Akzeptanzhemmer 
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          Selbst die angedachte Nutzung  von Regenwasser für die Toilettenspülungen hatte sich nicht so  einfach wie gedacht erwiesen. Im Bebauungsplanentwurf  für das  Neubaugebiet in Rutesheim war zunächst für alle Flachdächer eine  intensive Dachbegrünung vorgesehen, um bei Starkregen möglichst  viel Wasser auf den Dächern zurückzuhalten. Die Erfahrung hätte  aber gezeigt, 
        
          „dass  dieses meist gelb-bräunliche Regenwasser sich kaum für die  Toilettenspülung eignet, da die meisten Bewohner die Braunfärbung  des Spülwassers in ihrer Toilette nicht akzeptieren würden – auch  nicht mit Erklärung.“ 
         
        Zudem  würde in den Sommermonaten zu wenig Wasser zur Verfügung stehen.  Denn bei einer intensiven Dachbegrünung mit entsprechend mächtigem  Substrataufbau würden bis zu 95 Prozent des Regenwassers auf dem  Dach zurückgehalten. Deshalb gelange „nur sehr wenig und dazu  noch braunes Regenwasser in die Zisterne, aus welcher die Toiletten  mit Wasser versorgt werden. Es sei absehbar, dass ein sehr großer  Teil des Toilettenspülwassers aus dem Trinkwassernetz in die  Zisterne nachgespeist werden müsse, um dann mit Strom wieder zu den  Toiletten gepumpt zu werden“, fasste die Leonberger  Zeitung die diesbezüglichen Bedenken zusammen. So sei der  Ratsbeschluss zustande gekommen, anstelle einer „intensiven“ nur  eine „extensive“ Dachbegrünung vorzusehen. Das dann in  dezentralen, privaten und öffentlichen Zisternen gesammelte  Regenwasser könne für die Bewässerung der privaten und  öffentlichen Grünflächen genutzt werden. 
        
          „Eine  verpflichtende Nutzung des Regenwassers für die Toilettenspülungen  in allen Gebäuden sei nicht sinnvoll. Die Nutzung des Regenwassers  in Einzel- oder Reihenhäusern bleibe dem jeweiligen Eigentümer  überlassen.“ 
         
        Man  sei wohl zu optimistisch gewesen, hieß es letztlich im Gemeinderat. „Aber das Ergebnis und Fazit der umfangreichen Überlegungen und  Untersuchungen ist, dass die Zeit leider noch nicht reif ist, um in  der Praxis Gelb- und Schwarzwasser aufbereiten zu können“,  lautete das Fazit der Rathauschefin Susanne Widmaier.  
        (Mehr zu  ecosan-Projekten in den RUNDBR. 942/1-2, 923/1-2, 664/2,  649/3, 586/4, 577/3.) 
          
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