Um die Selbstreinigungskraft  der Flüsse nicht zu überfordern, darf der Anteil des gereinigten  Abwassers aus kommunalen Kläranlagen am Abfluss eines Baches oder  Flusses 6,5 % nicht übersteigen. Von den rund 27.000  kommunalen Kläranlagen würde aber ein Drittel der Anlagen  diesen kritischen Schwellenwert nicht einhalten. Bei  Niedrigwasserabflüssen würde sich der Missstand noch bedeutend  verschlimmern. Ein zu hoher Anteil von (unzulänglich) gereinigtem  Abwasser am Abfluss der Fließgewässer sei ein wesentlicher Grund  dafür, warum nicht einmal die Hälfte der Fließgewässer-Wasserkörper  in der EU den guten  ökologischen Zustand aufweisen würde. Obwohl  die EG-Wasserrahmenrichtlinie bereits im Jahr 2000 in Kraft gesetzt  worden ist, habe sich die Situation in den letzten zwei Jahrzehnten  nicht nennenswert verbessert. 
      Auch die EG-Kommunalabwasserrichtlinie  aus dem Jahr 1991 habe nicht dazu geführt, die Fließgewässer auf  die sichere Seite zu bringen. Der hohe Anteil von Kläranlagen, die  das 6,5-Prozent-Kriterium verfehlen, liege daran, dass die  Kläranlagen das Abwasser nur unzureichend reinigen würden. Nähr-  und Schadstoffe seien in immer noch zu hoher Konzentration im  Kläranlagenabfluss enthalten. 
      Die entsprechende Analyse war bereits  im Juni 2022 in der Water  Research Volume 217 unter der Überschrift „Why  wastewater treatment fails to protect stream ecosystems in Europe“  veröffentlicht worden – abrufbar unter:
          https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S004313542200344X?via%3Dihub
      Die  Autoren des Aufsatzes schlagen vor, die Einleitepunkte von  Kläranlagenabflüssen in die Fließgewässer so auszuwählen, dass  das 6,5-Prozent-Kriterium nicht gerissen wird. 
      [Bleibt  die Frage, wie  Mischwasserentlastungen aus der Kanalisation  das  Aufnahmevermögen unserer Fließgewässerökosysteme noch zusätzlich  überfordern; Anm.: BBU. 
        Und noch eine Anmerkung aus dem  Bundesarbeitskreis Wasser des BUND: „Aus meiner  Sicht versagen nicht die Kläranlagen, sondern die zuständigen  Wasserbehörden, die für die Einleitegenehmigungen an die  Kläranlagenbetreiber verantwortlich sind.“]