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16..Mai 2025

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BBU-Wasserrundbrief Nr. 1235, 18. April 2025

 

Kostenanstieg in der Wasserwirtschaft: Privatisierungsgefahr?

 

Immer mehr rückt auf den Tagungen der Wasser- und AbwasserwerkerInnen der steigende Finanzierungsbedarf in den Fokus, um Wasserwerke, Kläranlagen und Netze in Schuss halten zu können. So berichtete beispielsweise der Newsletter der Zeitung für kommunale Wirtschaft (Zfk) am 10.12.24, dass die Branche „vor einer doppelten Herausforderung“ stehen würde: „Sie muss die alternde Infrastruktur erhalten und sie zugleich an den Klimawandel anpassen.“ Die gesamte Branche investiere derzeit rund neun Milliarden Euro pro Jahr in die Wasser- und Abwasserinfrastruktur. Doch in Zukunft müsse dieser Betrag deutlich steigen. Viele Leitungen, Kanäle und Anlagen in der Wasserwirtschaft seien nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut worden und würden sich in den nächsten Jahren „dem Ende ihrer Lebensdauer“ nähern. Dadurch würden die Kosten für Instandhaltung und Erneuerung steigen.

Der steigende Investitionsbedarf lasse sich auch auf die Auswirkungen der eskalierenden Klimakrise auf die Infrastruktur zurückführen. Die wasserwirtschaftliche Infrastruktur müsse gegen-über zunehmenden Hitzewellen und Dürren, Stark-niederschlägen und Überflutungen ertüchtigt wer-den. In der Wasserwirtschaft geht die Befürchtung um, dass die Umlage der steigenden Kostenlast auf die Gebühren sozial nicht mehr vermittelbar sei. Insofern müsse der Staat mit Zuschüssen einspringen.

Und noch ein Problem: Die im Leitungs- und Kanalbau tätigen Baufirmen seien total ausgelastet. Der Fachkräftemangel werde zu einem kaum noch lösbaren Problem. Alles zusammen könnte dazu führen, dass man vor allem in der EU-Kom-mission auf den Einfall kommen könnte, verstärkt privates Kapital in die Sanierung und den Ausbau der wasserwirtschaftlichen Infrastruktur einzubinden. Das wiederum könnte für die Trinkwasserversorgung als Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge und für die Abwasserentsorgung als hoheitliche Aufgabe die erneute Gefahr einer Privatisierung heraufbeschwören.


Petition gegen steigende Wassergebühren

Ein Aufbegehren gegen zu hohe Wassergebühren wird bereits aus Wildberg im Nordschwarzwald gemeldet. Unter dem Titel „Preisschock: Wildberger protestieren gegen teures Trinkwasser“ berichtete das SWR-Fernsehen am 21.01.25, dass eine empörte Trinkwasserkonsumentin nach zwei drastischen Gebührenanhebungen eine Petition gegen die „zu hohen“ Wassergebühren gestartet habe. Die Petition „Faire Wassergebühren für Wildberg“ habe großen Anklang gefunden. 1.800 BürgerInnen hatten in dem kleine Ort die Petition unterschrieben. Der ganze SWR-Bericht nebst Video unter:

https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/karlsruhe/wasserkosten-petition-teures-trinkwasser-wildberg-100.html


Wasserverband Peine:
Wassergebühren erreichen kritische Marke

 

Eine Debatte um den künftigen Investitionsbedarf ist auch auf der Verbandsversammlung des Wasserverbandes Peine am 06.12.24 geführt worden. Der Verbandsgeschäftsführer zur Gewissheit weiter ansteigender Wasser- und Abwassergebühren:

Bundesweit gibt es derzeit eine intensive Debatte, wie viele Investitionen in den kommenden Jahren in der öffentlichen Siedlungswasserwirtschaft anstehen, weil der nächste Erneuerungszyklus der Netze und Anlagen bevorsteht. Dafür werden dreistellige Milliardenbeträge aufgerufen werden müssen.“

Geschäftsführer Olaf Schröder sagte voraus, dass die reine Umlagefinanzierung über die Gebühren „in ein paar Jahren zu einer deutlichen Überforderung der Kunden führen“ könne, „wenn pro Kubikmeter zweistellige Eurobeträge aufgerufen werden müssten“. Schröder kritisierte in dem Zusammenhang, dass die Wasserwirtschaftspolitik die Wasserver- und Abwasserentsorger am ausgestreckten Arm verhungern lasse:

Es würden neue Vorgaben an die kritische Infrastruktur und Umweltauflagen erlassen, aber keine alternativen Finanzierungswege eröffnet, um die Modernisierung und den klimaresilienten Umbau der Infrastruktur zu unterstützen.“

Weitere Auskunft zur zunehmend prekärer werdenden Finanzierung der Wasser- und Abwasserinfrastruktur bei

Wasserverband Peine - Sandra Ramdohr
Unternehmenskommunikation
31226 P e i n e
Tel. +49 5171 956-317
E-Mail: sandra.ramdohr@wvp-online.de

Zu niedrige Wasserpreise in Potsdam:
„Finanzielles Großproblem“

 

Mächtig Ärger wegen einer drastischen Erhöhung der Wasser- und Abwassergebühren gibt es auch in Potsdam. Nach einer Drucksache der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung unter

https://egov.potsdam.de/public/wicket/resource/org.apache.wicket.Application/doc2699504.pdf

würden sich die beantragten Erhöhungen der Gebühren und Grundpreise für eine vierköpfige Familie auf 1.000 Euro im Jahr belaufen. Zumindest der Fraktion der Freien Wähler erschien dieser Preissprung dann doch zu hoch – die Energie und Wasser Potsdam (EWP) solle erst mal schauen, wo der städtische Wasserver- und Abwasserentsorger Kosten einsparen könne:

Eine für Januar 2025 geplante Preiserhöhung der Energie und Wasser Potsdam (EWP) bei der Wasserversorgung wird abgelehnt. Dies gilt für die Wasserpreise in Potsdam bzgl. Trinkwasser, Schmutzwasser und Grundgebühren. Die EWP wird stattdessen gebeten, Einsparungspotentiale im Mittelfristrahmen von 2025 bis 2029 aufzuzeigen und im nächsten Finanzausschuss vorzustellen,“

hieß es im Antrag der Freien Wähler vom 22.10.24. Der Antrag der Freien Wähler wurde am 04.12.24 von der Mehrheit der anderen Fraktionen abgelehnt. Aber der Anstieg der Gebühren wurde immerhin moderater gestaltet als ursprünglich vorgesehen. Die Kosten sollen demnach nicht um 30, sondern „nur“ um 11 Prozent steigen. Lt. rbb vom 04.12.24 habe Baudezernent Bernd Rubelt (parteilos) jedoch erneut davor gewarnt, dass das dicke Ende umso dicker ausfallen werde. Die jetzt später notwendige Gebührensteigerung könne „2026 bis zu 38 Prozent betragen“.

Die immer weiter auseinandergehende Schere zwischen steigenden Kosten und zu zaghafter Gebührenerhöhung ließ dann im Februar 2025 eine kommunalpolitische Bombe platzen: Der städtische Wasserver- und Abwasserentsorger präsentierte der Stadt eine Rechnung über 16 Mio. Euro. Die Märkische Allgemeine Zeitung titelte am 13.02.25: „Plötzlich fehlen 16 Millionen. Wie konnte das passieren – und was das bedeutet?“ Und der Tagesspiegel sprach von einem „neuen finanziellen Großproblem“ für den ohnehin hochdefizitären Kommunalhaushalt in Potsdam aufgrund „der zu niedrig angesetzten Wassergebühren“. Im Hinblick auf die vom Wasserversorger beantragte Nachzahlung von 16 Millionen Euro berichtete der rbb am 13.02.25, dass Potsdam bereits jetzt „einem gewaltigen Sparzwang“ unterliegen würde: „Bis einschließlich 2028 muss die Stadt jährlich rund 50 Millionen Euro einsparen, um ihren Haushalt zu konsolidieren.“

 


Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.
Clip-Fisch 2

 
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