aktualisiert: 
	       14. März 2008 
	      
	    
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     |   Recht
             und Unrecht | 
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         WasserInBürgerhand! 
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      BBU-Wasserrundbrief,
            25.2.2008 
        
      EU-Kommission
              enttäuscht ppp-Fans  
              in der deutschen Wasserwirtschaft 
      
               
       
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           Eine herbe
              Enttäuschung hat die EU-Kommission den Anhängern von
              Gemischt-wirtschaftlichen Unternehmen („privat public partnerships“ -
              ppp) bereitet. In der „Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen
              in Bezug auf die Anwendung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften
              für öffentliche Aufträge und Konzessionen auf institutionalisierte Öffentlich
              Private Partnerschaften (IÖPP)“ vom 05.2.2008 (C(2007)6661)
              wiederholt die Kommission ihren Standpunkt, dass die Einbindung
              privater Partner in ein kommunales bzw. in ein öffentlich-rechtliches
              Unternehmen einer EU-weiten Ausschreibung bedarf.  
          Bisher war es
                Usus in der deutschen Wasserwirtschaft, dass sich Stadtwerke
              bzw. kommunale Wasserversorgungsunternehmen nach Gutdünken
              einen privaten Partner ihres Vertrauens auswählen konnten.
              Beispielsweise haben sich viele Stadtwerke als Minderheitsaktionär
              die THÜGA
                ins Haus geholt – eine EON-Enkelin, die sich auf den Erwerb
                von Anteilen an Stadtwerken spezialisiert hat (s. RUNDBR.
                883/1, 835/3).  
          U.a. durch das
              THÜGA-Engagement sind die von
                  der EU-Kommission jetzt so benannten „Institutionalisierten Öffentlich
                  Privaten Partnerschaften“ (IÖPP) entstanden.
                  Diese IÖPP haben in der Regel auch die bestehenden Konzessionsverträge
                  zur Wasserversorgung übernommen. Da weder die Liaison
                  mit dem privaten Partner noch die Konzessionsübernahmen
                  einer öffentlichen
                  Ausschreibung unterlagen, sind die IÖPP den Wettbewerbshütern
                  der EU-Kommission und des Europäischen Gerichtshofes
                  (EuGH) seit langem ein Dorn im Auge. 
           Das deutsche
              Wirtschaftsministerium hatte in Brüssel darum geworben, dass
              bis zu einem privaten Anteil von 20 Prozent das Eingehen einer
              IÖPP weiterhin
                    ohne Ausschreibungsverpflichtung möglich sein sollte.
                    Dieser Kompromissvorschlag hat aber bei der EU-Kommission
                    keinerlei
                    Gnade gefunden. Durch
                    diese Vorgabe  
           
        
          „soll es – ganz im Sinne des Europäischen
                          Binnenmarktes – allen interessierten Wirtschaftsteilnehmern
                          ermöglicht werden, sich in einem fairen und transparenten
                          Verfahren an Ausschreibungen für öffentliche Aufträge
                          und Konzessionen zu beteiligen und durch den verstärkten
                          Wettbewerb die Qualität derartiger Projekte zu heben
                          und ihre Kosten zu senken“,  
         
        
          schreibt die
                  Kommission. Die Kommission hebt in diesem Zu-sammenhang hervor: 
         
        
          
            „Die Tatsache,
                    dass eine private Partei und ein öffentlicher
                          Auftraggeber im Rahmen eines gemischtwirtschaftlichen
                          Unternehmens zusammenarbeiten, kann nicht dazu führen,
                          dass die rechtlichen Bestimmungen für öffentliche
                          Aufträge und Konzessionen
                          bei der Vergabe öffentlicher Aufträge oder Konzessionen
                          an diese private Partei oder das betreffende gemischtwirtschaftliche
                          Unternehmen unbeachtet bleiben. Nach der Rechtsprechung
                          des EuGH schließt die – auch nur minderheitliche – Beteiligung
                          eines privaten Unternehmens am Kapital einer Gesellschaft,
                          an der auch der betreffende öffentliche Auftraggeber
                          beteiligt ist, auf jeden Fall die Möglichkeit eines "in-house" Verhältnisses,
                          auf das das Vergaberecht prinzipiell nicht anzuwenden wäre,
                          zwischen diesem öffentlichen Auftraggeber und
                          dieser Gesellschaft aus.“ 
              
           
         
         
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    EU-Kommission unerbittlich:  
„Wettbewerb von Anfang an!“ 
     
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        Die
            EU-Kommission ist mitnichten ein Gegner der Einbindung von privatem
            Kapital in kommunale
              Unternehmen. Ganz im Gegenteil! Mit
            ihrer Klarstellung will die Kommission „mehr Rechtssicherheit“ schaffen „und
            insbesondere der immer wieder geäußerten Sorge entgegengetreten“,
            dass die Anwendung des Gemeinschaftsrechts auf die Einbeziehung privater
            Partner „IÖPP unattraktiv oder sogar unmöglich“ mache (vgl. RUNDBR. 835/3).
             
        Aber entsprechend
            ihrem absoluten Wettbewerbsdogma besteht die Kommission ultimativ
            darauf, dass das Engagement privater
              Firmen in Stadtwerken einer vorher
            gehenden Ausschreibung bedarf. Weil dies für die Stadt- und
            Wasserwerker offensichtlich schwer zu begreifen ist, konstatiert
            die EU-Kommission
            angesichts dieser Begriffsstutzigkeit „erheblichen Klärungsbedarf“.
            Deshalb erklärt die Kommission noch einmal ganz langsam zum
            Mitschreiben, unter welchen Wettbewerbsvoraussetzungen IÖPPs
            gebildet werden dürfen
            und wann Konzessionen an diese IÖPPs vergeben werden dürfen: 
         
      
        „Die Kommission
                versteht IÖPP als Zusammenarbeit zwischen öffentlichen
            und privaten Beteiligten, bei der gemischtwirtschaftliche Unternehmen
                gegründet
            werden, die öffentliche Aufträge oder Konzessionen durchführen.
            Der private Beitrag zu einer IÖPP besteht – neben der Einbringung
            von Kapital oder anderer Vermögensgegenstände – in der
            aktiven Teilnahme an der Ausführung der Aufgabe, die dem gemischtwirtschaftlichen
            Unternehmen übertragen wurde, und/oder in der Geschäftsführung
            der Gesellschaft. Demgegenüber stellt die reine Kapitalbeteiligung
            eines privaten Investors an einem öffentlichen Unternehmen keine
            IÖPP dar.
            Daher werden derartige Fälle von der vorliegenden Mitteilung nicht
            erfasst.“ 
       
      
                           Es kommt also
                darauf an, dass der private Partner im operativen Geschäft
              des Gemischt-wirtschaftlichen Unternehmens mitmischt – wobei
              die Trennung zwischen »stiller Kapitalbeteiligung« und „aktiver
              Teilnahme“ des
              privaten Partners am operativen Geschäft etwas arg weltfremd erscheint. 
                                                       
                            
       
      
        
          
            
               
                    Keine doppelte Ausschreibung! 
               Die Kommission
                  wendet sich in ihrer Mitteilung gegen die Befürchtung,
                  dass künftig „doppelte Ausschreibungen“ nötig
                  werden könnten: Erstens für die Bildung einer IÖPP
                  an sich und zweitens dann auch noch für die Vergabe einer
                  Konzession an das öffentlich-private Gemeinschaftsunternehmen.
                  Die Kommission vertritt die Auffassung, dass dieser Ultrawettbewerb „nicht
                  praktikabel“ wäre. Als gangbaren Weg schlägt
                  die Kommission deshalb folgendes Verfahren vor: 
               
            
              „Ein
                      möglicher Weg zur Gründung einer IÖPP, der
                      nach Ansicht der Kommission mit den Grundsätzen des
                      Gemeinschaftsrechts vereinbar ist und zugleich eine doppelte
                      Ausschreibung verhindert,
                        stellt sich folgendermaßen dar: Der private Partner
                        der IÖPP
                        wird durch ein Verfahren ausgewählt, dessen Gegenstand
                        sowohl der öffentliche Auftrag oder die Konzession
                        ist, der bzw. die dem zu gründenden                    gemischtwirtschaftlichen
                        Unternehmen übertragen werden soll,
                        wie auch der Beitrag des privaten Partners zur Abwicklung
                        dieser Aufgaben und/oder zur                    Geschäftsführung
                        des gemischtwirtschaftlichen Unternehmens. Die Auswahl
                        des privaten Partners geht einher mit der Gründung
                        der IÖPP und der Übertragung der jeweiligen
                        wirtschaftlichen Aufgaben auf das gemischtwirtschaftliche
                        Unternehmen.“ 
             
            
               Mit der
                      Bildung einer IÖPP wird also zugleich die Konzession
                          verhökert. Der in einem Ausschreibungswettbewerb
                          obsiegende private Partner kauft sich beispielsweise
                          in das bislang rein kommunale
                          Wasserversorgungsunternehmen ein - und die bisherige
                          Konzession zur Wasserversorgung wird auf das neue Gemischtwirtschaftliche
                          Unternehmen übertragen. 
                                       
                                           
             
           
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    Glasklare
            Transparenz  
      im Ausschreibungswettbewerb 
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      Nach
          Auffassung der EU-Kommission schließen die Grundsätze
          der Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung im Wettbewerbsrecht „eine
          Verpflichtung zur Transparenz mit ein“. Eine transparente Ausschreibung
          zur Bildung von IÖPP-Unternehmen erfordere, dass „zugunsten
          potenzieller Bieter ein angemessenen Grad von Öffentlichkeit
          sicherzustellen“ sei, „der
          den Dienstleistungsmarkt dem Wettbewerb öffnet“. Diese Verpflichtung
          zur transparenten Aus-schreibung beinhaltet für die Kommission, 
      „dass
          der öffentliche Auftraggeber in der Bekanntmachung oder in den
          Verdingungsunterlagen über Folgendes grundsätzliche
          Informationen bekanntmacht: 
      
        - 
          
 die öffentlichen Aufträge und/oder Konzessionen, die an
                      das zukünftige gemischtwirtschaftliche Unternehmen
                      vergeben werden sollen, 
         
        -  den Gesellschaftsvertrag,
 
        - die
            Gesellschaftervereinbarung
 
        - 
          
sowie
              alle anderen Elemente, die einerseits die vertragliche Beziehung
              zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und dem privaten Partner,
                            und andererseits die vertragliche Beziehung zwischen dem öffentlichen
                            Auftraggeber und dem zukünftigen gemischtwirtschaftlichen
                            Unternehmen festlegen.“ 
         
       
         
                           
     
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    EU
            lässt interkommunale 
            Zusammenarbeit  
            weiter in der Schwebe  
     | 
     
  
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      In
          seiner Pressemitteilung vom 18.2.08 zur IÖPP-Mitteilung
          der EU-Kommission bedauerte der VER-BAND KOMMUNALER UNTERNEHMEN (VKU),
          dass die EU-Kommission „selbst für Unternehmen mit einer
          nur geringen privaten Beteiligung“ weiterhin auf einer Ausschreibungspflicht
          beharre. Damit habe die Kommission keine „praxistaugliche Definition“ für
          die wettbewerbsfreie Vergabe von kommunale Aufträgen und Konzessionen
          an ppp-Unternehmen gefunden. 
      Der
          VKU fordert, dass sich die Kommission an ihren Zugeständnissen
          im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs
            hätte orientieren sollen. Bei teilprivatisierten Verkehrsunternehmen
            seien nämlich „praxistaugliche Regelungen gefunden worden“.
            Solange die Beteiligung Privater an einem Unternehmen sich in einem
            bestimmten Rahmen halte und das Unternehmen sich nicht außerhalb
            seines angestammten Gebietes am Wettbewerb beteilige, sei eine Ausschreibung
            nicht nötig. „Diese
            Regelung könnte für andere Bereiche Vorbildcharakter haben“,
            schreibt der VKU.  
      Der
          VKU stuft es ferner als „bedauerlich“ ein, „dass
              sich die Kommission in ihrer Mitteilung mit dem wichtigen Bereich
              der interkommunalen Kooperation überhaupt nicht befasst“ habe
              (s. RUNDBR. 837/1-3, 787/2).
              Die Zusammenarbeit mehrerer Kommunen zur Erfüllung öffentlicher
              Aufgaben sei nicht nur in Deutschland z.B. bei der Wasserver- und
              Abwasserentsorgung ein
              bewährtes
              Modell effizienter Aufgabenerfüllung, sondern werde auch
              von anderen EU-Mitgliedstaaten in erheblichem Umfang genutzt.  
      
        „Hier
                    muss Rechtssicherheit durch die Feststellung geschaffen werden,
                    dass die
                    interkommunale Zusammenarbeit
                    nicht unter das Vergaberecht fällt“,  
       
      so
          der VKU. Kommunale Zusammenarbeit sei ein reiner Organisationsakt der
          Kommunen und
                  keine Nachfrage nach Leistungen am Markt. Wettbewerbsinteressen
                  Dritter
                  seien damit nicht berührt.  
        
      
     
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    BDEW: „Existenz
            der Wasser- 
      unternehmen in Gefahr“ 
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      In
          seiner Pressemitteilung vom 21. Februar 2008 zur Kommissionsmitteilung
          schreibt der BUNDESVERBAND
          DER DEUTSCHEN ENERGIE- UND WASSERWIRTSCHAFT
          (BDEW) gegen „überzogene Ausschreibungspflichten“ an.
          Durch die obligate Ausschreibungsverpflichtung bei der Bildung von
          ppp-Gesellschaften würde der Gestaltungsspielraum kommunaler Unternehmen
          eingeschränkt.
          Mit den „überzogenen Ausschre-bungspflichten könnte
          die Existenz der Unternehmen der Wasserwirtschaft gefährdet“ werden.
          Besonders kritisch bewertet der BDEW, dass die neuen Vorgaben der
          Europäischen
          Kommission auch für schon bestehende ppp-Gesellschaften gelten
          sollen. 
      
        „Wenn
              die Ausschreibung bereits bei der Erweiterung des Aufgabengebietes
              eines Unternehmens Pflicht würde, wäre damit der unternehmerische
              Spielraum zu stark eingeengt. Das wäre ein Bremsklotz für
              die wirtschaftliche Entwicklung der Unternehmen“, 
       
       warnt
          der BDEW. Angesichts des drohenden Niedergangs fordert der BDEW: „Die
            Bundesregierung sollte die teilweise stark überzogenen Vorgaben
            aus Brüssel nicht kritiklos akzeptieren.“  
       
           
     
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    Ein
            bisschen Wettbewerb gibt es nicht 
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      Inzwischen
          schwappt die Kritik an der „Wasserprivatisierung“ sogar
          schon ins Privatfernsehen. Nach dem Fiasko der neoliberalen
          Privatisierungsbefürworter und der Legitimitätskrise des
          Wettbewerbskapitalismus hat sich zumindest in Deutschland der Mainstream
          gegen die Privatisierung
          der kommunalen Daseinsfürsorge gedreht. Die Privatisierungslobbyisten
          haben die ideologische Bestimmungsmacht verloren.  
      Die
          führenden
            Funktionäre von VKU und BDEW favorisieren gleichwohl weiterhin
            das Modell einer Teilprivatisierung von Stadt- und Wasserwerken.
            Deshalb ihr Abstrampeln gegen den straighten Ausschreibungskurs der
            EU-Kommission
            bei der Teilprivatisierung von kommunalen Betrieben.  
      Im
          Gegensatz zur „Allianz öffentliche
              Wasserwirtschaft“, die sich bereits in ihrem Gründungsmanifest
              gegen „public privat partnerships“ gewandt hatte, wollen
              VKU- und BDEW-Funktionäre den Spielraum für die Bildung
              von ppp-Gesellschaften offen halten. Dies soll genauso wie die Übertragung
              der Konzessionen an die ppp-Gesellschaften ohne jegliche Verpflichtung
              zur transparenten Ausschreibung möglich bleiben.  
      Demgegenüber
                wird die EU-Kommission knallhart auf dem Ausschreibungswettbewerb
                beharren. Motto: Ein bisschen Wettbewerb geht nicht! Entweder – oder!
                Ihr müsst Euch entscheiden: Entweder bleibt Ihr rein kommunal – oder
                Ihr müsst Euch dem Wettbewerb in vollem Umfang stellen,
                wenn Ihr mit einem privaten Partner unter die Decke schlüpfen
                wollt (vgl. 877/3). 
      Die
          Wasserwerker könnten jetzt die Chance
                  nutzen, die sich aus dem Zusammenbrechen der Privatisierungseuphorie
                  einerseits
                  und dem
                  absoluten Wettbewerbsdogma der EU-Kommission andererseits
                  ergibt – und
                  für eine Rekommunalisierung der teilprivatisierten
                  Wasser- und Abwasserbetriebe plädieren. Das hierfür
                  erforderliche Geld könnte beispielsweise auch durch Bürgerfonds
                  aufgebracht werden. Für eine Rekommunalisierung würde
                  es derzeit öffentlichen
                  Rückenwind geben.  
      Mit
          ihrem Eiertanz zum Erhalt eines ausschreibungslosen ppp-Modells verschenken
          die tradierten
                    Funktionäre nicht
                    nur eine Chance. Mit ihrem ppp-Wackelpuddingkurs machen VKU
                    und BDEW
                    die Forderung
                    nach einem Erhalt der kommunalen Daseinsfürsorge in Brüssel
                    obendrein auch noch unglaubwürdig.  
      -ng- 
        
     
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         Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet
              regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge.
              Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern. 
          
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