aktualisiert:
12. August 2005

 

 

 

 

 

 

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  Recht und Unrecht  


WasserInBürgerhand!

 

Ludwig Stiegler, MdB
Klaus Brandner, MdB
Uwe Beckmeyer, MdB
Michael Bürsch, MdB

21. April 2005

Eckpunkte eines ÖPP-Beschleunigungsgesetzes

Die Grundüberlegung:  
 

Die Finanzierungsprobleme öffentlicher Haushalte, die erheblichen Vorbelastungen aus Schuldendiensten, das hohe Leistungsniveau des Staates und der erhebliche Bedarf an öffentlichen Infrastrukturen zwingen dazu, über die derzeitige Arbeitsteilung zwischen Staat und Privatwirtschaft neu nachzudenken.
Eine Antwort auf diese Problemlage bieten Öffentlich Private Partnerschaften (ÖPP).

Was sind ÖPP?  
 
  • Im Unterschied zur Privatisierung von öffentlichen Vermögenswerten gehen ÖPP einen anderen, einen dritten Weg.
  • Ö PP heißt Kooperation von öffentlicher Hand und privater Wirtschaft beim Entwerfen, bei der Planung, Erstellung, Finanzierung, dem Management, dem Betreiben und dem Verwerten von bislang in staatlicher Verantwortung erbrachten öffentlichen Leistungen. Dabei treten die öffentlichen Hände nur noch als Nachfrager von Dienstleistungen auf. Die Privatwirtschaft erbringt diese Dienstleistung und wird dafür von den öffentlichen Händen mit einem jährlichen Entgelt bezahlt.
  • Für den Erfolg von ÖPP ist Voraussetzung, dass alle Beteiligten profitieren: die Bürger, die Politik, die Verwaltung, der private Investor, der private Betreiber.
Wo können ÖPP
eingesetzt werden?
 
Beim Bau oder der Sanierung von Schulen, Universitäten, von Justizvollzugsanstalten, von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen, beim Ausbau der Telekommunikation, bei der Energieversorgung, Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, bei Straßen und Öffentlichem Personennahverkehr, aber auch im Verteidigungsbereich, der Entwicklungszusammenarbeit, im Kultur- und Medienbereich können Öffentlich Private Partnerschaften zum Einsatz kommen.
Die Legitimation
von ÖPP
 
Die entscheidende Legitimation für ÖPP ist das Erzielen von Effizienzgewinnen und damit Kosteneinsparungen für die öffentlichen Hände gegenüber den traditionellen Beschaffungsmethoden und der Eigenrealisierung des Staates.
Finanzierungs- und Liquiditätsengpässe des Staates sind dagegen zweitrangig.
Einzelfallprüfung und
Wirtschaftlichkeitsvergleich
 
  • Es gibt keinen Automatismus zugunsten von ÖPP, es darf aber auch keinen Automatismus mehr für die Eigenrealisierung der öffentlichen Hände geben. Beide Beschaffungsvarianten sind zu hinterfragen, beide haben sich zu legitimieren.
  • Wesentliches Instrument der Entscheidungsfindung für den Staat ist der Wirtschaftlichkeitsvergleich mit den in Betracht kommenden Handlungsoptionen. Dem Teilen und dem Bewerten von Risiken und Chancen kommt dabei eine zentrale Rolle zu.
  • Grundlage einer ÖPP ist dann eine interessengerechte und faire Vertragsgestaltung.
Gute internationale
Erfahrungen mit ÖPP
 
Internationale Erfahrungen bestätigen: Mit ÖPP können Effizienzgewinne und damit Kosteneinsparungen in Höhe von 10 bis 20 Prozent gegenüber der herkömmlichen Eigenrealisierung erzielt werden. Kein Wunder, dass immer mehr europäische Regierungen bei der Bereitstellung öffentlicher Infrastrukturleistungen auf ÖPP setzen. So werden in Großbritannien ca. 20 Prozent aller öffentlichen Beschaffungen mit ÖPP abgewickelt.
Eckpunkte eines ÖPP-
Beschleunigungsgesetzes
 
Neben steuerrechtlichen Fragestellungen bestehen gebühren-, vergabe- und haushaltsrechtliche Hemmnisse, die die Umsetzung von ÖPP in Deutschland behindern. Um mit ÖPP in Deutschland schneller voranzukommen, brauchen wir gesetzliche Rahmenbedingungen, die diese Hemmnisse abbauen und damit die Umsetzung von ÖPP erleichtern.
Auf Initiative der Koalitionsfraktionen hin wird ein Gesetz vorbereitet, das die Rahmenbedingungen für ÖPP deutlich verbessern wird. Es sollte unserer Auffassung nach Änderungen in den nachstehenden Bereichen umfassen:
I. Gebührenrecht  
 
  1. Schaffen einer Wahlmöglichkeit zwischen öffentlich-rechtlicher Gebühr und privatrechtlichem Entgelt im Rahmen des Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetzes (FstrPrivFinG),
  2. Zulassung einer Tarifgenehmigung statt einer Mautverordnung, d.h. die Maut kann unabhängig davon, ob sie als „Gebühr“ oder „Entgelt“ erhoben wird, auch mittels eines Genehmigungsbescheides (Verwaltungsakt im Sinne des § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz) auf Antrag des privaten Betreibers festgesetzt werden,
  3. die Maßstäbe für die Berechnung der öffentlich-rechtlichen Gebühr im FstrPrivFinG werden auf die privaten Entgeltregelungen übertragen,
  4. die obersten Landesstraßenbaubehörden sind mit Zustimmung des BMVBW für den Erlass der Tarifgenehmigung zuständig,
  5. hinzukommt eine klarstellende Regelung zur Eigenkapitalverzinsung.
II. Vergaberecht  
 
  1. Abgrenzung von Bau-/Dienstleistung nach der Schwerpunkttheorie und Bestimmung des jeweils anwendbaren Ausschreibungsregimes durch Novellierung des § 99 Abs. 6 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB),
  2. Ausschreibung auf der „zweiten Ebene“ (Weitervergabe von Bauleistungen an Nachunternehmer) durch Klarstellung von § 4 Nr. 8 Verdingungsordnung für Bauleistungen/Teil B (VOB/B), nach der bei der Weitervergabe von Bauleistungen an Nachunternehmer allein die VOB/B zugrunde zu legen ist,
  3. Verzicht auf gesetzliche Eigenleistungsquoten durch den Auftragnehmer durch Änderung von § 8 Nr. 2 Abs. 1, Abs. 3 VOB/A bzw. § 7 Nr. 2 Abs. 1, § 4 Nr. 8 Abs. 1 Verdingungsordnung für Leistungen/Teil A (VOL/A),
  4. Einfügung eines Abs. 4 in § 42 der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV), wonach Bietergemeinschaften in ihren Angeboten die Mitglieder zu benennen haben, die für den Abschluss und die Durchführung des Vertrages bevollmächtigt sind,
  5. Einführung der Auftragsvergabe im Wege des „wettbewerblichen Dialogs“ durch Änderung von § 101 Abs. 1 und 5 GWB i. V. m. § 9 Abs. 3-5 VgV,
  6. Einführung der Pflicht zur Festlegung der Projektgesellschaft auf eine bestimmte Rechtsform erst nach Zuschlagerteilung durch Ergänzung von § 5 Abs. 2 S. 2 VgV,
  7. Erweiterung des Umfangs der Pflicht zur Vorabinformation nach § 101 a GWB und
    § 13 VgV für diejenigen Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt wurden,
  8. Klärung zur sogenannten Projektantenproblematik durch Ergänzung des § 5 VgV.
III. Investmentgesetz  
 
  1. Einbeziehung des Nießbrauchrecht an Grundstücken durch Änderung des § 67 Abs. 1 Nr. 4 Investmentgesetz,
  2. Beimischung von ÖPP-Projektgesellschaften (in der Betreiberphase) von bis zu 20 Prozent in Portfolios offener Immobilienfonds durch Änderung des § 67 Abs. 1 Nr. 2 und 3 Investmentgesetz,
  3. Bildung eines neuen Fondstyps "Infrastrukturfonds" im Investmentgesetz.
IV. Haushaltsrecht  
 
  1. Abmilderung des Veräußerungsverbots in § 63 Abs. 2 BHO, wonach Vermögensgegenstände nur veräußert werden dürfen, wenn sie zur Erfüllung der Aufgaben des Bundes in absehbarer Zeit nicht benötigt werden,
  2. Konkretisierung der Maßstäbe für den Wirtschaftlichkeitsvergleich in § 7 Abs.2 BHO, in dem klargestellt wird, dass bei einem Wirtschaftlichkeitsvergleich zwischen Eigenerstellung und ÖPP der finanzielle Wert des Risikotransfers auf einen privaten Partner zu ermitteln und zu berücksichtigen ist.
V. Steuerrecht  
 
  1. Ausweitung von § 3 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Grundsteuergesetz auf ÖPP, nach dem Grundbesitz, der von einer inländischen Person des öffentlichen Rechts für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch benutzt wird, von der Grundsteuer befreit ist.
  2. Befreiung von der Grunderwerbsteuer für an ÖPP Projektgesellschaften übertragene Grundstücke solange sie für hoheitliche Zwecke genutzt und sofern eine Rückübertragung des Grundstücks an die öffentliche Hand innerhalb eines bestimmten Zeitraums vorgesehen wird.

 



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