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7. April 2009

 

 

 

 

 

 

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  Recht und Unrecht  

WasserInBürgerhand!

BBU-Wasserrundbrief, 24.3.2009

 

Können Flüsse und Seen
in Deutschland privatisiert werden?

 

Sie können! Grundsätzlich sind auch Gewässer– wie der Boden – als Teil der Erdoberfläche eigentumsfähig. Aber im Gegensatz zu einem Bodenbesitzer hat der Erwerber eines Flusses oder Sees in der Regel nicht sonderlich viel von seinem Kauf– denn: Selbst privatisierte Oberflächengewässer unterliegen dem staatlichen Bewirtschaftungsanspruch:

Auch wer einen Bach oder einen See gekauft hat, benötigt für (fast) alle Nutzungen des Gewässers eine wasserrechtliche Erlaubnis. Bei Umgestaltungen
des Gewässers wäre darüber hinaus auch eine Planfeststellung erforderlich. Und diese Erlaubnis kann nach dem Grundsatzparagraphen 1 a des Wasserhaushaltsgesetzes nur erteilt werden, wenn die privaten Nutzungen dem Wohl der Allgemeinheit nicht entgegenstehen. Damit ist der Besitzer eines Oberflächengewässers kaum besser gestellt als jeder andere x-beliebige Nutzer eines Gewässers.

§ 24 (1) des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) enthält gleichwohl einige Privilegierungen für Besitzer von Gewässern: Unter eng eingegrenzten Rahmenbedingungen sind geringfügige Nutzungen des Gewässers durch „Gewässereigentümer“ auch ohne eine Erlaubnis statthaft (siehe Kasten).


Die Privilegien für „Gewässereigentümer“
im bisherigen Wasserhaushaltsgesetz

§ 24 Eigentümer- und Anliegergebrauch

(1) Eine Erlaubnis oder eine Bewilligung ist nicht erforderlich zur Benutzung eines oberirdischen Gewässers durch den Eigentümer oder den durch ihn Berechtigten für den eigenen Bedarf, wenn dadurch andere nicht beeinträchtigt werden, keine nachteilige Veränderung der Eigenschaft des Wassers, keine wesentliche Verminderung der Wasserführung und keine andere Beeinträchtigung des Wasserhaushalts zu erwarten sind. Die Länder können den Eigentümergebrauch ausschließen, soweit er bisher nicht zugelassen war.

(2) Die Länder können bestimmen, dass die Eigentümer der an oberirdische Gewässer angrenzenden Grundstücke und die zur Nutzung dieser Grundstücke Berechtigten (Anlieger) sowie die Eigentümer der an Anliegergrundstücke angrenzenden Grundstücke und die zur Nutzung dieser Grundstücke Berechtigten (Hinterlieger) oberirdische Gewässer ohne Erlaubnis oder Bewilligung nach Maßgabe des Absatzes 1 benutzen dürfen.

 

Abgesehen von dieser Ausnahme in § 24 (1) WHG hat das Wasserhaushaltsgesetz die Nutzungen von Oberflächengewässern einer vom Gewässereigentum getrennten öffentlich-rechtlichen Ordnung unterstellt. Der Gewässereigentümer ist somit nicht vollständiger „Herr“ seinen nassen Besitzes, weil die Wasserbehörde zur Geltendmachung des Allgemeinwohls ständig in sein Eigentum „hineinregieren“ kann. Hierzu heißt es in § 1a (3) WHG:

„Das Grundeigentum berechtigt nicht
- zu einer Gewässerbenutzung, die nach diesem Gesetz oder nach den Landeswassergesetzen einer Erlaubnis oder einer Bewilligung bedarf,
- zum Ausbau eines oberirdischen Gewässers.“

Die einschlägigen Wasserrechtskommentare stellen hierzu fest:

„Zum Inhalt des Eigentums im Sinn von Art. 14 Grundgesetz gehört das Wasser auf oder unter einem Grundstück nicht. Es ist durch das WHG vom Grundeigentum und von den Rechten an ihm 'abgekoppelt’.“ Gewässer werden 'als öffentliche Sachen im Gemeingebrauch“ angesehen’.“ (Gieseke, Wiedemann, Czychowski).

Die Wasserrechtskommentare tendieren also dahin, dass ein Eigentum an Gewässern, zumindest an der „fließenden Welle“ gar nicht möglich sei. Da sich das bisherige Wasserhaushaltsgesetz diesbezüglich aber etwas unklar ausdrückt – schließlich kennt es den Begriff des „Gewässereigentümers“ -, soll im» neuen WHG« (s. RUNDBR: 912/1-2) klar gestellt werden, dass zumindest Fließgewässer und das Grundwasser in Deutschland keiner Privatisierung zugänglich sind (siehe nächsten Abschnitt).


Neues Wasserhaushaltsgesetz stellt klar:
Keine Privatisierung von Fließgewässern und Grundwasser!

 

Wegen der nicht ganz eindeutigen Haltung zur Privatisierung von Wasserressourcen im bisherigen Wasserhaushaltsgesetz (WHG) soll im »neuen
WHG« jetzt eindeutig klar gestellt werden, dass eine Privatisierung von Fließgewässern und von Grundwasservorkommen in Deutschland nicht in die Tüte kommt. Hierzu wird es neu in § 4 „Gewässereigentum; Schranken des Grundeigentums“ in Absatz 2 heißen:

„(2) Wasser eines fließenden oberirdischen Gewässers und Grundwasser sind nicht eigentumsfähig.“

In der Begründung zur geplanten Novelle des WHG wird die geplante Klarstellung wie folgt begründet:

„Absatz 2 gibt weitgehend die bereits geltende, bislang aber nicht ausdrücklich und eindeutig gesetzlich geregelte Rechtslage wieder. Die Klarstellung in Absatz 2 soll auch dazu beitragen, das Verständnis der deutschen Wasserrechtsordnung zu verbessern.“

Zur fehlenden Eigentumsfähigkeit des Grundwassers verweist das Bundesumweltministerium auf den berühmten „Nassauskiesungsbeschluss“ des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Juli 1981. Das Bundesverfassungsgericht hatte schon damals in einer Auseinandersetzung um eine Nassauskiesung festgestellt, dass Grundeigentümer keinerlei Ansprüche an das unter ihrem Grund und Boden liegende Grundwasser geltend machen können.

Zur strittigen Frage des Eigentums an der „fließenden Welle“ verweist die Begründung zur WHG-Novelle darauf, dass diesbezügliche Auseinandersetzungen wegen der

„Überlagerung der privatrechtlichen Eigentumsordnung durch die öffentlich-rechtliche Benutzungsordnung“ nur theoretisch-akademischen Charakter haben (siehe oben).

Weil aber nicht nur im bisherigen WHG, sondern auch in den Landeswassergesetzen der Bundesländer, bislang eindeutige Regelungen überwiegend fehlen, sei es jetzt angebracht, die Angelegenheit im WHG grundsätzlich klarzustellen und „bundeseinheitlich zu regeln“.

Die vorgesehene Klarstellung im »neuen WHG« untersagt somit explizit die Privatisierung von Flüssen, Bächen und Grundwasser, erlaubt damit aber auch ausdrücklich die Privatisierung von Seen!


Ex-Treuhandanstalt verkauft ostdeutsche Seen

 

Die Frage der Privatisierung von Wasserressourcen hatte bei attac und „Wasser in Bürgerhand“ in den letzten Monaten erhebliche Aufmerksamkeit gewonnen. Grund hierfür war und ist die beabsichtigte„ Privatisierung“ von Flüssen in der Türkei. In der Türkei sollen langfristige Konzessionen zur Nutzung von Flüssen für die Entnahme von Bewässerungswasser und für die Wasserkraftgewinnung an interessierte Privatkonzerne vergeben werden (s. RUNDBR. 868/1).

Im Gefolge des Disputs um die „Privatisierung“ von türkischen Fließgewässern hat sich gezeigt, dass auch in Deutschland reihenweise Seen privatisiert werden.

Rund 10 000 Hektar Seen und Teiche sind in den neuen Bundesländern innerhalb der letzten sieben Jahre von öffentlichem in privaten Besitz übergegangen. Die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG), eine Tochterfirma der Treuhandnachfolgegesellschaft, verwaltet und privatisiert landwirtschaftliche Flächen, Wälder und Seen aus staatlichem Besitz. Dies geht aus einer im letzten Jahr veröffentlichen Bilanz der BVVG hervor.

Seit der Gründung im Jahr 1992 organisierte die BVVG zunächst die Verpachtung der Wasserflächen. Drei Jahre später wurde der erste See verkauft. Mittlerweile ist schon fast ein Fünftel der zum Verkauf stehenden Gewässer an Kommunen und Privatleute veräußert worden. Doch noch immer sind etwa 43 000 Hektar übrig. Der größte Teil, rund 25.400 Hektar, liegt in Brandenburg. Mit den bisher verkauften Gewässern hat die BVVG 15 Millionen Euro eingenommen - durchschnittlich 15 Cent pro verkauftem Quadratmeter See. Das Geld fließt in den Bundeshaushalt. Der geringe Preis von 15 Cent pro Quadratmeter ist übrigens ein Ausdruck davon, dass der Besitz einer Wasserfläche im Gegensatz zum Eigentum an Grund und Boden auf Grund der rechtlichen Restriktionen nicht sonderlich attraktiv ist.

Wie weiter oben erläutert, kann die staatliche Wasserwirtschaftsverwaltung ständig im Besitz eines Seenbesitzers „herumpfuschen“, falls dies das Allgemeinwohl erfordert. Zudem haben die Anrainerkommunen ein Vorkaufsrecht. Aber auch wenn sie den See oder Fluss nicht selbst kaufen möchten, haben die Kommunen ein Mitspracherecht bei den Verkaufsverhandlungen. Dadurch soll gewährleistet werden, dass der See auch nach seiner Privatisierung öffentlich genutzt werden kann.

"Die Gefahr, dass ein privater Besitzer einen Badesee umzäunt und für die Bürger unzugänglich macht, besteht nicht, denn das ist durch das Treuhandgesetz verboten",

beteuert die BVVG. Lt. einem Bericht der BERLINER ZEITUNG vom letzten Jahr stelle das Mitspracherecht der Gemeinden die BVVG vor eine schwierige Aufgabe:

"Die meisten privaten Investoren wollen natürlich so einen See kommerziell nutzen, zum Beispiel als Schwimmbad", erläutert die BVVG. Aufgabe der BVVG sei es, "einen Kompromiss zwischen ökologischen und ökonomischen Interessen" zu finden.

Inzwischen seien die potenziellen Käufer der Gewässer aber nicht ausschließlich Investoren mit finanziellen Interessen. Mittlerweile würden auch viele Naturschützer zu den Kaufinteressenten zählen. Diese wollten sich ihr "eigenes kleines Biotop" kaufen. "Manche wollen einfach Lebensräume für Tiere schaffen, für Frösche oder Libellen zum Beispiel", wird ein BVVG-Sprecher in der BERLINER ZEITUNG zitiert.

Wer auch einen Teich oder See kaufen will, findet die aktuellen BVVGAngebote
unter
http://www.bvvg.de/INTERNET/internet.nsf/HTML/
OBJEKTSUCHE?OpenDocument&q=hi&g=l


Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge. Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.

 

 
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