aktualisiert:
13. Dezember 2008

 

 

 

 

 

 

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  Untersuchungen  


WasserInBürgerhand!

 

BBU-Wasserrundbrief, 25.11.2008

Gewaltiger Wasserfußabdruck
der Energiepflanzen

 

Ein Ersatz der fossilen Energieträger durch Agrotreibstoffe würde zu einem massiven Anstieg des weltweiten Wasserverbrauchs führen und damit zunehmend in Konkurrenz zur Erzeugung von Nahrungsmitteln treten. Das ist im Kern das Ergebnis einer Studie dreier holländischer Wissenschaftler der Universität von Twente (Niederlande). In der Studie* wurde der ‘‘Wasser-Fußabdruck‘‘ des Anbaus verschiedener Pflanzen, die für die Herstellung von Biotreibstoffen verwendet werden, untersucht.

Das Konzept des ‘‘water footprint‘‘ wurde erst 2002 von HOEKSTRA (einem Autoren der Studie) und HUNG eingeführt. Der Wasser-Fußabdruck eines Produkts (eines Rohstoffs, einer Ware oder einer Dienstleistung) ist definiert als die Menge an Wasser, die für die Herstellung dieses Produkts verbraucht wurde. Der Großteil des verbrauchten Wassers ist dabei nicht im Produkt selbst enthalten. Tatsächlich ist der Wassergehalt fast aller Produkte vernachlässigbar klein im Vergleich zu deren Wasser-Fußabdruck (Stichwort ‘‘virtuelles Wasser‘‘ – s. RUNDBR. 881/1 855/4, 823/2-3, 814/1, 806/1). Dieses Konzept des water footprint (WF) wurde nun in dieser Studie auf den Anbau von Pflanzen zur Herstellung von Biotreibstoffen angewandt. Der Water Footprint beschreibt dabei, wie viel Wasser pro erzeugter Energieeinheit verbraucht wird. Daher ist die Einheit dieses WF m3/GJ, also m3 verbrauchtes Wasser pro Gigajoule.

Das Ziel der Studie war somit, den WF von Energie aus Biomasse zu ermitteln und diesen dann mit dem WF der anderen primären Energieträger (sowohl fossile Brennstoffe als auch die anderen erneuerba-ren Energiequellen Sonne, Wind und Wasser) zu vergleichen.

In der Studie wurde der Anbau verschiedener Nutzpflanzen, aus denen Biotreibstoffe wie Bioethanol oder Biodiesel hergestellt werden, in verschiedenen Ländern untersucht. Die vier untersuchten Länder waren die Niederlande, die USA, Brasilien und Zimbabwe. Die untersuchten Pflanzen waren z.B. Mais, Zuckerrohr, Sojabohnen, Ölpalmen, Sonnenblumen, Weizen usw. In den Ergebnissen der Studie wurde deutlich, dass der WF stark von der Art der angebauten Nutzpflanze, vom landwirtschaftlichen Produktionssystem und natürlich vom Klima abhängt.

In Holland hat z.B. der Anbau von Mais einen WF von 9 m3/GJ, der von Weizen einen ebenso großen, während der Anbau von Sonnenblumen einen WF von 27 m3/GJ hat. In den USA liegt der Wert für Mais jedoch bei 18, in Brasilien bei 39 und in Zimbabwe sogar bei 200 m3/GJ. Beim Weizenanbau liegt der Wert in den USA und in Brasilien noch höher – nämlich bei 84 bzw. 83 m3/GJ, also um ein Vielfaches höher als in Holland. Diese starken Unterschiede ergeben sich aus dem unterschiedlichen Klima und verschiedenen Produktionssystemen in den genannten Ländern.

Im Durchschnitt aller im jeweiligen Land angebauten Energiepflanzen liegt der WF in Holland bei 24 m3/GJ, in den USA bei 58, in Brasilien bei 61 und in Zimbabwe bei 143. Der deutlich kleinere WF in Holland zeigt, dass die Herstellung von Agrotreibstoffen dort also vom Wasserverbrauch her deutlich effizienter als in den anderen Ländern geschieht.

Die Wasser-Fußabdrücke der fossilen Energieträger (Erdöl, Erdgas, Kohle, Uran) als auch diejenigen der erneuerbaren Solar- und Windenergie sind im Vergleich zum WF von Energie aus Biomasse äußerst gering. Die Werte liegen alle nur zwischen 0,1 und 1,1 m3/GJ. Nur der Wert von Wasserkraft liegt deutlich höher, nämlich bei 22 m3/GJ.

Der durchschnittliche Pro-Kopf-Jahresverbrauch an Energie in westlichen Staaten liegt heute bei ca. 100 GJ. Der Großteil dieser Energie wird derzeit noch durch Kohle, Erdöl, Erdgas und Kernkraft erzeugt. Die Produktion der genannten 100 GJ aus einem Mix dieser Energiequellen erfordert einen Verbrauch von ca. 35 m3 Wasser. Wollte man nun aber dieselbe Energiemenge allein durch die Energie aus Pflanzenmaterial erzeugen, so würde der Wasser-Fußabdruck stattdessen mindestens (in einem hocheffizienten landwirtschaftlichen Produktionssystem wie in Holland) 2.420 m3/GJ betragen! Der WF von Energie aus Biomasse wäre also mindestens 70mal (oder noch viel mehr) so groß wie der WF der anderen Energieträger (außer Wasserkraft).

Das bedeutet also, dass eine Ausweitung der Produktion von Energie aus Biomasse oder sogar eine vollkommene Ersetzung des ausgehenden Erdöls durch Agrotreibstoffe nicht nur immense Anbauflächen sondern auch enorme Wassermengen beanspruchen würde. Da der Wasserverbrauch der Nahrungsmittel produzierenden Landwirtschaft aber nicht abnehmen wird, würde eine solche Entwicklung zu einem zunehmenden Verteilungskampf um Wasser führen.

Leider läuft die gegenwärtige Entwicklung in genau diese Richtung: Die weltweite Nachfrage nach Energie nimmt weiter zu und die Ölreserven gehen zur Neige; dadurch ist beim gegenwärtigen Agrosprit-Boom kein Ende absehbar. -sz-

* Der Aufsatz von GERBENS-LEENES, P.W. ; HOEKSTRA, A.Y. ; VAN DER MEER, TH. „The water footprint of energy from biomass: A quantitative assessment and consequences of an increasing share of bioenergy in energy supply” ist erschienen in ''Ecological Economics'', Elsevier-Verlag, 2008. RUNDBR. - AbonnentInnen können den Auf-satz via nik@akwasser.de bei uns kostenlos als pdf-Datei anfordern.



Agrotreibstoff-Produzenten warnen
EU vor Nachhaltigkeitsvorschriften

 

Mehrere Entwicklungs- und Schwellenländer und Hauptproduzenten von Biotreibstoffen haben die EU gewarnt, dass jegliche Einschränkungen von Bio-treibstoff-Importen in die EU, um deren nachhaltige Produktion durchzusetzen, zu einer Beschwerde bei der Welthandelsorganisation führen könne.

Die acht Länder – Indonesien, Malaysia, Brasilien, Argentinien, Kolumbien, Mosambik, Malawi und Sierra Leone – haben einen gemeinsamen Beschwerdebrief an die EU geschrieben, in dem sie diese davor warnen, die Nachhaltigkeitsprinzipien für Biotreibstoffe umzusetzen und damit für alle Importe in die EU verbindlich zu machen. Die geplanten Vorschriften seien „zu kompliziert“, würden die Entwicklungsländer benachteiligen und seien daher unfair. Einige der protestierenden Länder würden sich deshalb als letztes Mittel eine Beschwerde darüber bei der Welthandelsorganisation (WTO) vorbehalten. Die Prinzipien der EU für nachhaltig hergestellte Biotreibstoffe sollen noch dieses Jahr als Teil der „Erneuerbare-Energien-Richtlinie“ (engl.: RED – renewable energy directive; siehe RUNDBR. 899/2-4, 891/1-3) der EU verabschiedet werden. Im Falle einer Beschwerde bei der WTO, hätte diese nicht die Möglichkeit, das EU-Gesetz zu kippen. Sie könnte die EU aber auffordern, die Handelsbeschränkungen im Interesse des freien Welthandels zu lockern. Außerdem könnten die protestierenden Länder selbst mit protektionistischen Maßnahmen gegen EU-Importe antworten.

Quelle:
http://www.businessgreen.com/business-green/
news/2230049/eu-warned-biofuel-restrictions
-sz-


»Biokraftstoffe« gegen
Armut in der Dritten Welt“

 

Mit Datum vom 09.04.08 hat die EU-Kommission eine Mitteilung mit dem Titel „Die EU als globaler Partner für Entwicklung - die Verwirklichung der Millenniumsentwicklungsziele schneller vorantreiben“ [KOM(2008) 177] vorgelegt. Darin schlägt die Kommission vor,

„die Politik im Bereich der erneuerbaren Energien und insbesondere der Biokraftstoffe im Rahmen der Klima- und Energiepolitik“

zu einem der Hauptpunkte in der Entwicklungszusammenarbeit zu machen. Hierzu führt die Mitteilung folgendes aus:

„Die EU muss die Entwicklungsländer dabei un-terstützen, die Chancen, die der Biokraftstoffmarkt bietet, im Kampf gegen die Armut zu nutzen, wobei es gilt, die möglichen Auswirkungen dieser Politik insbesondere auf die Nahrungsmittelproduktion, die Landnutzung und die Umwelt sorgfältig zu überwachen. Dies setzt ein regelmäßiges Monitoring voraus, das neben der Dimension Entwicklung auch die Achtung von Nachhaltigkeitskriterien, die Förderung des Handels mit Bio-kraftstoffen (vor allem mit den ärmsten Ländern), die Forschung und den Technologietransfer umfasst.“

Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet regelmäßig über die Angriffe auf die kommunale Daseinsvorsorge.
Interessierte können kostenlose Ansichtsexemplare anfordern.

 



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