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            Rauen                  (GMD) Der jahrelange Streit zwischen Barbara Plenzke und dem
                  Wasserverband Fürstenwalde ist am Dienstag eskaliert.
                  Als der Verband sich mit Hilfe der Polizei Zugang zum Grundstück
                  der Familie verschaffen wollte, um Vermessungsarbeiten durchzuführen,
                  flüchtete sich die Rauenerin auf das Dach ihres Hauses. 
               Die
                  Situation war zeitweise dramatisch. Barbara Plenzke klammerte
                sich in luftiger Höhe auf dem Dachfirst ihres Einfamilienhauses
                - der verzweifelte Protest einer Frau, die sich gemeinsam mit ihrem
                Mann seit Jahren gegen den Anschluss an die zentrale Kanalisation
                wehrt. Die Feuerwehr Fürstenwalde rückte mit ihrer Drehleiter
                an. Zwei Feuerwehrleute fuhren zu der verstörten Rauenerin
                rauf, redeten auf sie ein, und sicherten sie schließlich
                mittels Gurt und Absturzleine. Mit einem Notarztwagen wurde sie
                ins Klinikum Rüdersdorf gebracht. "Sie hat sich nervenärztlich
                behandeln lassen", sagte ihr Anwalt Stefan Sarrach. Der Landtagsabgeordnete
                der Linkspartei sprach von Faustrecht, das der Zweckverband durchgesetzt
                habe. Er will gegen diesen sowie die Polizeibeamten vor Ort Strafanzeige
                wegen Hausfriedensbruch und Körperverletzung erstatten. Es
                sei ungeheuerlich, sagte er. "Sie haben Frau Plenzke auf das
                Dach getrieben." 
               Vertreter
                  des Zweckverbandes Wasserversorgung und Abwasserentsorgung
                  Fürstenwalde (ZVWA) hatten gestern Vormittag auf dem Grundstück
                  der Familie Plenzke Vermessungsarbeiten für den Abwasseranschluss
                  an die zentrale Kanalisation durchgeführt. Es seien vorbereitende
                  Maßnahmen für die eigentliche Vollstreckung des Anschlusszwanges,
                  so Gisela Scheibe, Geschäftsführerin des ZVWA. "Wenn
                  es keine Störung gegeben hätte, wären wir in zehn
                  Minuten wieder weg gewesen", sagte sie.  
               Doch
                  diese Störung gab es. Nachdem Barbara Plenzke weggebracht
                    wurde, versuchten zwei Mitglieder des Interessenverbandes Dezentrale
                    Abwasserbehandlung und Verwertung (IDAV) - letztendlich vergeblich
                    - die Polizei und die Verbandsmitarbeiter am Betreten des Grundstücks
                    zu hindern. Frau Plenzke habe ihm gesagt, so Karl-Otto Zabel, er
                    solle niemanden auf das Grundstück lassen. Das Grundrecht
                    auf Unverletzlichkeit der Wohnung erlaube einen solchen Rechtsverstoß nicht,
                    sagte er. Wenn der Termin der Maßnahme nicht vorverlegt worden
                    wäre, sagte Zabel, stünde er mit der Mistgabel vor dem
                    Grundstück.  
               Genau
                  davor fürchtete sich der Zweckverband, wie Gislea Scheibe
                      sagte. Zunächst war der Besuch des Grundstücks auf 15
                      Uhr festgelegt worden. "Um 10.54 Uhr habe ich ein Fax bekommen,
                      dass der Verband um 11 Uhr kommt", so Anwalt Stefan Sarrach. "Ein
                      solch intensiver Eingriff in ein Grundrecht - und dann wird so
                      lax mit Fristen umgegangen." Zudem habe man am Montag einen
                      Eilantrag gestellt, der das Betreten des Grundstücks ohne
                      Verwaltungsakt verhindern sollte. "Das Verwaltungsgericht
                      Frankfurt (Oder) hat uns nach der Aktion gesagt, dass es sich erledigt
                      hat", sagte Sarrach. Nach Angaben von Gisela Scheibe hingegen
                      erlaube die Verbandssatzung ein Betreten des Grundstücks.
                      Und als nächstes würden die Bagger anrücken,
                      dann komme es zur Vollstreckung der gerichtlichen Anordnung. 
               Bereits
                  seit acht Jahren besteht der Rechtsstreit zwischen dem Ehepaar
                  und dem ZVWA. Die Plenzkes betreiben eine Nutzwasserrückgewinnungsanlage.
                        Das Grundstück sei abwasserfrei, so ihr Anwalt. Das Wasser
                        werde wiederverwendet. Das bezweifelt der Verband, weshalb er eine
                        Befreiung vom Anschlusszwang ausschließt. Zuletzt wurde dem
                        ZVWA im Februar vom Verwaltungsgericht die Zwangsabfuhr von Schmutzwasser
                        zwar verboten. Doch gleichzeitig sagte das Gericht, dass die Verpflichtung
                        zum Anschluss an die Kanalisation auch zwangsweise durchgesetzt
                        werden könnte.                  |