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	       31. Dezember 2021 
	      
	    
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         WasserInBürgerhand! 
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      BBU-Wasserrundbrief Nr. 1188, 19. Dezember 2021 
        
      
        
      
        
      
        
      
        
      
        
      
      
      
      
      
      
      
      
      
      Was läuft schief in der  deutschen Wasserwirtschaft? 
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        Für den 8. Dez. 2021 hatte  die Bund-Länderarbeits-gemeinschaft Wasser (LAWA) die interessierten  Verbände  (vom Bundesverband der deutschen Industrie bis hin zu den  Umweltverbänden) zu einem online-Meinungsaustausch über aktuelle  Herausforderungen in der deutschen Wasserwirtschaft eingeladen. In  der LAWA bemühen sich die AbteilungsleiterInnen Wasserwirtschaft in  den Länderumweltministerien, ein halbwegs harmonisches und  abgestimmtes Vorgehen der 16 Bundesländer in Wasserangelegenheiten  zu erreichen. Im Vorfeld der LAWA-NGO-Konsultation hatten wir an alle  Eingeladenen ein Thesenpapier zu einigen ausgewählten Problemen in  der deutschen Wasserwirtschaft verschickt – Motto: Wo sehen wir  Korrekturbedarf. Das Papier fokusiert vor allem auf die strukturellen  Defizite in der Wasserwirtschaftsverwaltung Das Thesenpapier  hatten wir in Absprache mit MitarbeiterInnen aus Wasserbehörden und  externen Hydrologie- und Limnologiebüros ausgearbeitet. 
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Sich ausbreitender Mehltau   
in der deutschen Wasserwirtschaft 
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        In unserem Thesenpapier wird  einleitend postuliert, dass in der Gewässerschutzpolitik in  Deutschland  ein Business as usual eingetreten ist. Seit dem  Zehn-Punkte-Programm zum Schutz von Nord- und Ostsee von 1988 (siehe  BBU-WASSER-RUND-BRIEFE Nr. 117 bis 122) hat es in über 30 Jahren  keinerlei vorwärtstreibende – aus Deutschland selbst kommende -  Gewässerschutzinitiative gegeben. Es legt sich mehr und mehr ein  Mehltau über die Wasserwirtschaftsverwaltung, die zudem in den  meisten Bundesländern immer weiter personell ausgedünnt wird.  
      Der  Mangel an engagiertem und fachlich versiertem Personal hat dazu  geführt, dass in den meisten Bundesländern die Wasserbörden  strukturell nicht in der Lage sind, beispielsweise die wichtigsten  Herausforderungen aus der EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) zu  bewältigen (s. RUNDBR. 1161/1-4). Von Aufbruchsstimmung oder vorwärtstreibenden  Impulsen keine Spur! Man wartet auf das, was vielleicht aus Brüssel  an neuen Initiativen kommen könnte. Man hat seinen Frieden damit  gemacht, dass die Umsetzung der WRRL bis 2027 nicht zu schaffen sein  wird.  
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Strukturelle, fachliche und  mentale  
Defizite in den Wasserbehörden 
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          Insbesondere rührt sich keine  Hand, die sich bemüht, die strukturellen, fachlichen und mentalen  Defizite in der Wasserwirtschaftsverwaltung endlich engagiert  anzugehen. Der Verwaltung beschränkt sich immer mehr auf das  überbürokratisierte Verwalten – und hat immer größere Defizite  im inhaltlichen Fachwissen. Hydrogeologen, Ingenieure und andere  Fachleute beklagen zunehmend, dass ihnen in der  Wasserwirtschaftsverwaltung zumindest in einigen Bundesländern die  fachlich qualifizierten Counterparts verloren gehen. Darüber hinaus  fehlt es in der Verwaltung an einer angemessenen Souveränität im  Handeln. In den Ministerien ist kaum noch jemand da, der tatsächlich  für den Gewässerschutz brennt. Und in den Unteren Wasserbehörden  grassiert die Angst, etwas falsch zu machen und vor dem  Verwaltungsgericht zu landen. Das erstickt jede Kreativität. Die  Länderumweltministerien geben einem proaktiven Handeln der  Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Wasserwirtschaftsverwaltung  nicht den notwendigen politischen Rückhalt. Bei nicht wenigen  Vollzugsbehörden herrscht der Eindruck vor, von führungsschwachen  und ambitionslosen Ministerien allein gelassen zu werden. Solange  diese strukturellen Defizite nicht endlich angegangen werden, ist es  fast müßig, sich über inhaltlich-fachliche Details zu unterhalten. 
        Die  LAWA muss mit den genannten Anliegen offensiv an die Öffentlichkeit  gehen. Die Wünsche nur innerhalb der Ministerien vorzutragen, ist  wenig zielführend. Die mangelnde Öffentlichkeitsarbeit und  Bürgerbeteiligung in der Wasserwirtschaft als einem der größten  Hemmschuhe gegenüber einer forcierten Gewässerschutzpolitik ist  ausführlich in der generellen Stellungnahme des BUND zur zögerlichen  Umsetzung der EG-WRRL im dritten Bewirtschaftungszyklus kritisiert  worden (s. RUNDBR. 1180/1-2). 
        Wenn  es den LAWA-Chefs tatsächlich ernst mit der Umsetzung des European  Green Deals, des Zero Pollution Action Plans, der  EU-Biodiversitätsstrate-gie und der EG-WRRL sein sollte, wäre jetzt  zu Beginn der Berliner „Zukunftskoalition“ der passende Zeitpunkt  gekommen, sich von der Lethargie im Gewässerschutz zu verabschieden.  Die LAWA sollte unseres Erachtens den Mumm aufbringen, für die  strukturellen Defizite und für jeden Gewässerschutzsektor  eindeutige Ziele zu definieren und politisch dafür zu kämpfen, dass  Hemmnisse und Widerstände überwunden werden. 
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            Raus aus dem  überbürokratisierten Verwaltungshandeln! 
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          Die Vollzugsbehörden werden  immer unflexibler und kümmern sich nur noch um Details bis hin zur  Paragrafenreiterei, so unsere verwaltungsinternen Gesprächspartner.  Es fehlt am Mut,  einerseits wichtige Forderungen konsequent  durchzusetzen. Andererseits fehlt es an der Souveränität, dem  Rückgrat und dem Augenmaß, gegenüber von Emittenten angemessen  vorzugehen: Wenn  beispielsweise an den Gutachtenumfang für eine  mittelständische Flaschenwasserfabrikation die gleichen Maßstäbe  wie an die BASF angelegt werden, ist das nicht adäquat. Das hilft  dem Gewässerschutz nicht und fördert Verdruss und Blockaden. Die  Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter  der Vollzugsbehörden brauchen beim  souveränen Agieren  mehr Rückendeckung von ihren Chefs. 
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            Mehr Kompromissbereitschaft  und  
            Zusammenarbeit innerhalb der LAWA! 
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          Innerhalb der LAWA und  weiteren Zusammenarbeitsgremien gibt es einige Länder, die die  Meinung vertreten, entweder machen die anderen Länder, was ich will,  oder ich mach‘ mein Ding ohne die anderen. Von  Bundeseinheitlichkeit keine Rede. Egozentrische Leute auch in den  Ministerien diskreditieren die Idee des Föderalismus und sind ein  Hemmschuh, wenn es gilt gemeinsam voranzukommen.  
        Alberne  Abgrenzungsrituale bis hin zu Kontaktsperren zwischen den  Bundesländern – wie beispielsweise zwischen Ba.-Wü. und Hessen  wegen einer „ungehörigen“ Übernahme von P-Monitoring-Daten (s.  St.Ztg. vom 30.08.2018) - sollten endlich der Vergangenheit  angehören. Auch das traditionelle Geschimpfe in den  Landesumweltministerien über das Bundesumweltministerium und das  Umweltbundesamt steht einer gedeihlichen Zusammenarbeit eher im Weg. 
        Wohl  nicht nur für Umwelt-NGOs stellt sich die Frage, was eine  Konsultation mit der LAWA bringt, wenn am Ende doch jedes Bundesland  in sein föderales Klein-Klein zurückfällt. Allenfalls in höchster  Not – insbesondere bei drohenden Vertragsverletzungsverfahren durch  die EU-Kommission – bequemt man sich in der LAWA dazu, zumindest  gemeinsame Rechtfertigungspapiere zu erarbeiten. Zuletzt war das so  bei der Formulierung des „Transparenzansatzes“ im Hinblick auf  den lahmenden Vollzug der EG-WRRL (s. 1161/1-4). Und nur die  drohenden Strafzahlungen wegen des dreißigjährigen Nichtvollzugs  der EG-Nitratrichtlinie scheinen dazu geführt zu haben, dass sich  Bund und Länder auf halbwegs gemeinsame Schritte zur Minderung des  Nitrateintrags ins Grundwasser einigen konnten.  
        Dabei  verkennen wir keineswegs, dass in den LAWA-Ausschüssen und  -Fachgremien eine sehr verdienstvolle und anerkennenswerte Arbeit  geleistet wird (siehe Kasten). Für uns ist allerdings die Frage, ob  man mit dieser Form der Gremienarbeit den größer werdenden  Herausforderungen in der Wasserwirtschaft gewachsen sein wird? Zumal  die Verwaltungskapazität und –qualität eher schlechter als besser  wird. Der Klimawandel und das - von LAWA-Autoren treffend  beschriebene – Anthropozän (s. RUNDBR. 1165/1-2) sind wohl  deutlich schneller als die LAWA – siehe beispielsweise die  Hochwasserkatastrophe vom 14. Juli 2021, die nicht nur auf Tief  „Bernd“, sondern auch auf ein Politik- und Behördenversagen  zurückzuführen war, über das derzeit Untersuchungsausschüsse in  Mainz und Düsseldorf tagen. 
        
          
            
                
                Um was sich die LAWA  alles kümmert 
               Innerhalb der LAWA gibt es  zahlreiche Fachgremien, in denen die jeweils zuständigen  ReferentInnen aus den Länderumweltministerien Grundsatzpapiere zu  den verschiedensten Rechts- und Fachthemen in der deutschen  Wasserwirtschaft erarbeiten. Wer sich einen Überblick über die  LAWA-Fachberichte verschaffen will, wird fündig im  LAWA-Jahresbericht 2020 – abrufbar über 
               https://www.lawa.de/Publikationen-363-LAWA-Jahresberichte.html 
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Den Ermessenspielraum der  Wasserbehörden tatsächlich nutzen! 
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          Die Wasserwirtschaft gibt  gerne damit an, dass sie mit § 12(2) Wasserhaushaltsgesetz (WHG)  über „das schärfste Schwert“ im  gesamten Umweltrecht verfügen  würde (s. Kasten auf Seite 3). In der Praxis wird der  Ermessensspielraum, den § 12(2) einräumt, aber kaum genutzt.  Wasserrechtliche Erlaubnisanträge werden weiterhin isoliert  abgehandelt und nicht in einen größeren Rahmen gestellt (s. RUNDBR.  1185/2). 
        
          
            
              
              Was bedeutet  „Bewirtschaftungsermessen? 
 § 12 Abs. 2 WHG räumt den  Wasserbehörden ein „Bewirtschaftungsermessen“ ein –  soll heißen: Die Behörden können auch bei Vorliegen aller  Erlaubnisvoraussetzungen eine wasserrechtliche Erlaubnis verweigern,  wenn die beantragte wasserrechtliche Erlaubnis nachvollziehbar in  einer integralen Gesamtschau letztlich doch zu viele Risiken im  Gewässerschutz zur Folge hat. Demgegenüber gilt im  Anwendungsbereich des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) die „gebundene Genehmigung“: Wenn ein Antragsteller alle  Voraussetzungen des BImSchG (und seiner zahlreichen  Rechtsverordnungen) erfüllt, dann kann ihm die Genehmigung nicht  verweigert werden – selbst wenn übergeordnete Aspekte einer  Genehmigung im Weg stehen sollten. 
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       Der BBU-WASSER-RUNDBRIEF berichtet
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